Wirtschaft

AK und vida wollen bessere Arbeitsbedingungen für Reinigungskräfte

Anlässlich des "Internationalen Tags der Gebäudereinigung" am 15. Juni fordern Arbeiterkammer (AK) und die Gewerkschaft vida deutlich bessere Arbeitsbedingungen und mehr Wertschätzung für die Arbeitnehmer der Reinigungsbranche. Anzustreben seien ein Mindestlohn von 1.700 Euro, ein Mehrarbeitszuschlag von 50 Prozent ab der ersten Stunde sowie eine 32-Stunden-Woche. Auch kurzfristige Dienstpläne und das Arbeiten in Randzeiten werden von den beiden Organisationen bemängelt.

"Im laufenden Betrieb eines Unternehmens wird die Reinigung häufig im doppelten Sinn an den Rand geschoben: Die Arbeit findet in den frühen Morgen- und späten Abendstunden statt, um die anderen MitarbeiterInnen nicht zu stören", so AK-Präsidentin Renate Anderl laut einer Aussendung vom Montag. Das mache die Arbeit der Reinigungskräfte "unsichtbar" und führe zu einer geringeren Wertschätzung. Die Arbeit als Reinigungskraft benötige jedoch Fachwissen und sei eine "sehr wichtige und wertvolle Tätigkeit, die im Zuge der Coronakrise systemrelevant wurde", sagt vida-Gewerkschafterin Monika Rosensteiner.

Das Arbeiten in der heimischen Reinigungsbranche sei zwar kollektivvertraglich geregelt, "weist aber dennoch prekäre Arbeitsverhältnisse auf", betont auch Karin Sardadvar vom Institut für Soziologie und Empirische Sozialforschung der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), die sich mit den Arbeitsbedingungen in der Branche beschäftigt. Schwierig seien vor allem die Arbeitszeiten, da diese oft an den Tagesrändern liegen und zerrissen sind, streicht sie ebenso wie die Arbeitnehmervertreter hervor. Das beeinträchtige die Lebensqualität der Beschäftigten und sei "nur schlecht mit dem Familien- und Privatleben vereinbar". In der Reinigungsbranche sind überwiegend Frauen in Teilzeit beschäftigt.

"Die Arbeitszeiten an den Tagesrändern, etwa ab 6 Uhr früh oder nach 18 Uhr, führen dazu, dass Belegschaften von Unternehmen nichts von der Reinigungsarbeit merken - diese geteilten Dienste sind für die Reiniger/innen eine große Belastung", spricht Sardadvar von "unsozialen Arbeitszeiten".

Das müsse aber nicht sein, verweist die Soziologin auf das Beispiel Norwegen. Dort sei man in den vergangenen Jahrzehnten von einst geteilten Diensten an den Tagesrändern weitreichend zu einem hohen Anteil an durchgängigen Arbeitstagen zu den üblichen Geschäftszeiten übergegangen, berichtet die Branchenexpertin. "Heute ist es in Norwegen der Normalfall, dass Reinigungskräfte dann arbeiten, wenn auch die meisten anderen Beschäftigten ihrer Arbeit nachgehen - zu den Bürozeiten untertags", so Sardadvar. Für die Beschäftigten steige dadurch die Lebensqualität, die Kundenunternehmen könnten direkt mit der Reinigungskraft kommunizieren und die Reinigungsunternehmen hätten es einfacher mit der Arbeitsorganisation, verweist die Soziologin auf die Vorteile der Tagreinigung.

Auch die Kurzfristigkeit der Dienstpläne sei ein Problem, betont die Gewerkschaft. Im Kollektivvertrag sei eine Frist von 14 Tagen zur Vorankündigung der Dienstpläne verankert, tatsächlich komme es in der Praxis aber immer wieder zu kurzfristigen Arbeitseinsätzen. Auch würde versucht, die Bezahlung von zusätzlichen Arbeitsstunden mit langen Durchrechnungszeiträumen von drei Monaten bis zu einem Jahr für Teilzeitbeschäftigte möglichst zu vermeiden. Im Median verdiene ein Beschäftigter in der Reinigungsbranche netto 1.400 Euro im Monat, inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld. In der restlichen Dienstleistungsbranche liege der Median dagegen bei 2.200 Euro netto.

Die Arbeitsbedingungen in der Reinigungsbranche seien durch "niedrige Entlohnung und atypische Beschäftigung" gekennzeichnet, hält auch Sardavar in ihrer Branchenanalyse fest. Die Arbeitnehmer/innenvertretung sei dadurch erschwert, dass viele Reinigungskräfte in Teilzeit beschäftigt und an unterschiedlichen Arbeitsorten tätig seien.

Die Reinigungsarbeit in Österreich sei zwar sozialpartnerschaftlich weitreichend geordnet, die Löhne und Beschäftigungsbedingungen durch Kollektivverträge geregelt, aber gleichzeitig seien "viele Bereiche von schwierigen Arbeitsbedingungen gekennzeichnet". Beschäftigte hätten häufig Teilzeiteinkommen, seien Gesundheits- und Sicherheitsrisiken ausgesetzt und es gebe insgesamt nur geringe Entwicklungs- und Aufstiegsperspektiven, so die Soziologin. Für Frauen in der Branche gilt dies nochmals verstärkt: Sie sind häufiger in Teilzeit, insbesondere in kurzer Teilzeit, und in Bereichen mit atypischen Arbeitszeiten beschäftigt als Männer - mit den entsprechenden Auswirkungen auf ihr Einkommen und später dann ihre Pensionsbezüge.

Reinigungskräfte seien wegen der Arbeitsbedingungen auch häufiger auf Rechtsberatungen angewiesen, betonen die Arbeitnehmervertreter. Obwohl sie nur 2 Prozent aller unselbstständig Beschäftigten ausmachten, entfielen mehr als 4 Prozent aller arbeitsrechtlichen Beratungen auf diese Gruppe. Meist gehe es um falsche Berechnungen der Lohnansprüche bei Kündigungen, um Kündigungen im Krankenstand, häufige unbezahlte Mehrarbeit sowie oftmalige Änderungen der Arbeitszeiten um Zuschläge zu sparen. Auch der Gang vors Gericht sei dementsprechend öfter notwendig. Als größter Auftraggeber müsse die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangehen und einem Bestbieter- statt dem Billigstbieterprinzip folgen, so AK und vida.

In Österreich waren 2019 den Angaben von AK und WU zufolge rund 75.900 Personen (inklusive Hausmeisterdienste) im Reinigungsgewerbe beschäftigt. Davon waren rund zwei Drittel Frauen und ein Drittel Männer. Viele davon haben einen Migrationshintergrund, nur rund 40 Prozent der Beschäftigten (32 Prozent der Frauen und 51 Prozent der Männer) sind in Österreich geboren. Die Teilzeitquote ist mit 46 Prozent relativ hoch - insgesamt arbeiten in Österreich 29 Prozent aller unselbstständig Beschäftigten in Teilzeit. Die Löhne sind kollektivvertraglich geregelt - die Stundenlöhne in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung etwa liegen zwischen 9,38 bis 11,43 Euro brutto.