Leben/Mode & Beauty

Lena Hoschek: "Ich liebe es, Klischees auszuschlachten"

Dita von Teese besitzt Kleider von ihr, ebenso Sarah Jessica Parker und Lana Del Rey. 2009 eröffnete Lena Hoschek ihren ersten Store in Graz, heute verkauft die Steirerin in alle Welt. Der KURIER sprach mit der Designerin anlässlich ihres zehnjährigen Jubiläums über ihr Erfolgsrezept und die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.

KURIER: Nur wenige österreichische Designer schaffen den internationalen Durchbruch. Was ist das Geheimnis?

Lena Hoschek: Viel Arbeit. Und als ich angefangen habe, gab es in der Mode kaum Blumenmuster und sehr Buntes.

Sie haben also bei den Kundinnen einen Nerv getroffen?

Ich denke schon. Diejenigen, die sich in den schmalen Entwürfen nicht wohl gefühlt haben, fühlen sich bei mir nun gut aufgehoben. Und jene, die etwas Besonderes suchen. Meine Kollektionen waren von Anfang an eine Mischung aus Folklore und Boho Chic. Ich habe dann schnell den Ruf der Dirndl-Designerin bekommen, nur weil ich Kleider im Fifties-Stil aus Dirndl-Stoffen gemacht habe.

Einen Ruf, den Sie nicht mögen?

Meine Silhouetten dürfen natürlich dirndelig genannt werden, das ist ja kein Schimpfwort. Im Gegenteil: International wird das Dirndl mit einer wahnsinnig weiblichen Figur assoziiert. Generell finde ich den Trend zur Auslebung der österreichischen Wurzeln schön, ohne dafür gleich in eine Schublade gesteckt zu werden.

Wobei es manche noch gerne tun.

Die Instrumentalisierung von etwas Völkischem passiert immer in der rechten Ecke. Und Heimatstolz sollte kein schmutziges Wort sein. Ist es aber – auch dank der Identitären. Man sollte stolz auf seine Wurzeln sein können, ohne dabei anderen gegenüber feindlich zu sein.

Ein Großteil Ihrer Designer-Kollegen bei großen Modehäusern ist männlich. Stört Sie das?

Mich haben genderspezifische Angelegenheiten noch nie gestört. Für mich gilt prinzipiell: Gleicher Lohn für gleiche Leistung. Aber Frauen müssen das auch einfordern. Und die Familienplanung spielt auch eine Rolle. Der Aufbau einer großen Karriere geht mit vielen Opfern für Frauen einher. Wenn alle Frauen nur Karriere machen wollen, wo sollen dann die Kinder hin?

Die Männer könnten sich kümmern.

Das geht nicht, außer man sagt von Anfang an, dass man nicht stillt. Ab einem Jahr können die Familien sich das natürlich aufteilen. Die Haltung, dass es aus Prinzip keine Geschlechterunterschiede geben sollte, ist mir zu aggressiv.

Wie bringen Sie Beruf und Privatleben unter einen Hut?

Nur mit einer Familie, die komplett hinter mir steht. Ich erfülle nicht die klassische Mutterrolle. Im ersten Lebensjahr von Johann war ich natürlich viel weniger in der Firma. Ich arbeite seitdem viel in der Nacht, was sehr schnell sehr alt macht (lacht).

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Sie bezeichnen sich selbst mehr als Unternehmerin denn als Künstlerin. Wie kommt das?

Ich bin diesbezüglich ein sehr gespaltener Mensch. Wenn ich mich gerade mit Stoffen beschäftige und dann geht’s plötzlich um Steuern, wirft mich das total aus der kreativen Arbeit. Mir sind aber alle Bereiche sehr wichtig. Wenn man in allen Bereichen selbst gearbeitet hat, kann man es auch von seinen Mitarbeitern verlangen. Nur weil ich ganz oben in der Hierarchie angekommen bin, heißt es nicht, dass ich nicht ein Papierl vom Boden aufheben kann.

Wie stehen Sie zur zunehmend gewünschten Work-Life-Balance?

Es nervt mich, denn bei einer Work-Life-Balance gibt es bei Life immer auch Work – ob das nun Hausarbeit oder Sport ist. Und die Einstellung à la „Für dieses Gehalt gehe ich nicht arbeiten, da kann ich gleich zu Hause bleiben“ ist nicht ok. Es ist nicht das kleine Geld das Problem. Es ist die Tatsache, dass man belächelt wird, wenn man sich für wenig Geld den Rücken krumm macht.

Unisex-Mode ist aktuell ein großer Trend. Was halten Sie davon?

Es wäre öde, wenn es nur mehr das geben würde. Ich mag es, Stereotype humorvoll in meine Kollektionen zu verarbeiten. Ich liebe Klischees, sie zu verarbeiten und auszuschlachten.

Genau das machen Sie mit der kommenden Winter-Kollektion?

Ja, da habe ich viel mit Männermode gearbeitet. Es hat mir Spaß gemacht, aus Männerdomänen wie den Cowboys etwas Weibliches zu machen. Ich wollte zeigen, dass der Unterschied gar nicht so groß ist.

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Kann Mode auch Mittel zum politischen Statement sein?

Immer. Es gab Zeiten, wo die freie Meinungsäußerung nicht garantiert war. Menschen konnten sich nur über Kleidung ausdrücken. Und wer sich in der Masse bewegt, ist auch politisch, denn er drückt aus, dass er mit dem Ganzen nichts zu tun haben will. Der Begriff Politik ist heutzutage sehr negativ behaftet. Es ist ein manierenloses gegenseitiges Beflegeln während einer Legislaturperiode geworden.