Ausgequalmt: So tickt die scheidende Tatort-Staatsanwältin Mechthild Großmann
Von Lisa Trompisch
"Gute Arbeit Thiel" brummt Mechthild Großmann (75) als Staatsanwältin Wilhelmine Klemm mit sonorer Stimme so gut wie in jeder Folge des Münster Tatorts - dazu zieht sie meist genüsslich an einer Zigarette. Damit ist jetzt aber Schluss, denn nach mehr als 22 Jahren drückt Großmann die Zigarette aus und verlässt das Ermittlerteam. In drei Folgen wird sie noch zu sehen sein. "Wenn Ende 2025 der letzte Münster-Tatort mit mir gesendet wird, werde ich 77 Jahre alt sein, und ich habe nicht vor, aufzuhören zu arbeiten", sagt sie.
Die "Zubringerrolle" hat die gebürtige Münsteranerin (als Kind ist sie aber schon von dort weggezogen) einem breiten Publikum bekannt gemacht. Sie selbst wollte aber nie darauf reduziert werden. "Ich arbeite drei bis vier Tage im Jahr für die Tatort-Aufnahme. Aber ich habe 50 Lesungen im Jahr, spiele Theater in Bochum und bei Pina Bausch in Wuppertal. Im Tatort sage ich oft nur den einen Satz: ,Gute Arbeit, Thiel!' - und alle sind begeistert", sagte sie 2017 in einem Interview mit der "Rheinischen Post".
Auch die Schattenseiten des Ruhmes hat die Schauspielerin zur Genüge kennengelernt. "Erkannt zu werden, das ist eine sehr gemischte Sache", so Großmann, die teilweise auch aggressivem Verhalten ausgesetzt war. "Menschen halten einen fest, also einer hält dich fest, und der Mann fotografiert dich oder Leute tatschen dich an, manche auch im Gesicht und sagen: Ach, das sind Sie. Das passiert auch in Hamburg", erzählte sie im Podcast "Feel Hamburg".
Der Tatort sei eine "Familienveranstaltung", so können sie sich den großen Erfolg erklären. Und sie betont, dass es einen "Riesen-Unterschied" zwischen ihrer Rolle und ihrer privaten Person geben würde. Angesprochen darauf, ob sie auch privat so viel rauchen würde, schmunzelt sie: "Diese Frage weigere ich mich schon seit Jahren zu beantworten."
Auch ihre markante Stimme würde nicht durch das viele Rauchen kommen. "Das ist eine Laune der Natur. Ich hatte schon als sechsjähriges Kind diese Stimme. Und da habe ich noch nicht so viel geraucht", sagte sie der "Rheinischen Post". "Diese Stimme schließt allerdings auch vieles aus. Ich konnte nie die junge Liebhaberin spielen, sondern war oft der Freak. Ich kann auch nicht kreischen wie eine Frau. Aber selbst, wenn die Stimme mich heraushebt: Nur brummen allein ist nicht abendfüllend. Ich muss dem Ganzen schon Leben verleihen", so Großmann.
"Ich sage immer, seit ich alt und hässlich bin, kommt auf einmal die Stimme zum Tragen. Meine Stimme ist jetzt auf alle Fälle das Beste an mir. Meine Tochter sagt immer: ,Hörbücher kannst du noch im Rollstuhl machen", erzählte sie lachend in einem Interview mit der "Zeit".
Großmann nahm als Kind Ballettunterreicht, begann später professionell zu tanzen und absolvierte in Hamburg eine Schauspielausbildung. Sie stand schon auf vielen Bühnen, ist in New York, Paris und Moskau aufgetreten. Ihr Debüt als Film- und Fernsehschauspielerin gab sie 1980 in der Rolle der Hure Paula in Rainer Werner Fassbinders (gestorben 1982) vierzehnteiliger Miniserie "Berlin Alexanderplatz". Ihre markante Stimme ist aber eben auch in zahlreichen Hörbuch- und Hörspielproduktionen zu hören. Gemeinsam mit dem Regisseur Stephan Meyer (77) hat sie eine Tochter (geboren 1992).
"Ich werde also auch weiter Theater spielen und Lesungen gestalten, möglichst mit Musik – und wenn der WDR mal für die Rolle einer bösartigen Mörderin jemanden sucht, wäre ich sofort wieder da", sagt sie zu ihrem Tatort-Abgang.