Sport/Wintersport

Marlies Raich über ihren Ehemann: "Der Benni hatte Angst"

Als vor einer Woche ein Video auftauchte, das Marlies und Benjamin Raich beim Slalomfahren zeigte, gingen die Wogen hoch. Sollte sich da nach Marcel Hirscher und Lindsey Vonn das nächste Sensationscomeback anbahnen?

Die beiden Skistars a. D. wagten sich tatsächlich erstmals seit fast zehn Jahren wieder in Rennmontur über eine Slalompiste.

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"In die Rennanzüge hineingequetscht"

Vonn und Hirscher müssen sich aber keine Sorgen machen, dass ihnen die Familie Raich die Show stiehlt. Es wird beim einmaligen Ausflug auf die Slalompiste bleiben. 

Die beiden fuhren zu Werbezwecken für ihren neuen Sponsor (BTV) auf dem Pitztaler Gletscher. Die größte Herausforderung waren weniger die Slalomtore als das Outfit. „Wir haben uns in die Rennanzüge hineingequetscht“, sagt Marlies Raich.

Marlies Raich

Geboren als Marlies Schild (*31. Mai 1981) zählt die Pinzgauerin bis heute zu den erfolgreichsten Skifahrerinnen der Geschichte. 

Die Technikspezialistin feierte 37 Weltcupsiege, allein 35 davon im Slalom. Raich gewann vier Mal die Slalomkugel und wurde 2011 in ihrer Paradedisziplin auch Weltmeisterin. Dazu kommt noch WM-Gold in der Mannschaft (2007). 

Bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen holte sie 11 Medaillen.

 

Benjamin Raich

Der Pitztaler (*28.Februar 1978) ist im familieninternen Weltcup-Vergleich im Hintertreffen. Raich feierte nämlich nur 36 Weltcupsiege, dafür allerdings mit Ausnahme der Abfahrt in allen Disziplinen.

In der Saison 2005/'06 gewann der Tiroler Allrounder den Gesamtweltcup. Drei Mal holte er den Slalom-Weltcup, zwei Mal die kleine Kristallkugel im Riesentorlauf.

Bei den Olympischen Spielen 2006 in Turin gewann er Gold im Slalom und im Riesentorlauf. 2005 wurde er Weltmeister im Slalom und in der Kombi, 2007 mit dem Team. Raich gewann insgesamt 14 Medaillen.

KURIER: Kann man das Slalomfahren in zehn Jahren eigentlich verlernen?

Benjamin Raich: Ich war schon ein bisschen nervös, ob ich das überhaupt noch kann und ob ich die Schwünge hinkriege.

Marlies Raich: Der Benni hatte Angst, dass es ihm ins Kreuz einschießt. Deshalb wollte er auch so wenig Tore wie möglich fahren.

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Benjamin Raich: Am Anfang habe ich mir gedacht: Schnell filmen und fertig. Am Ende waren es dann sicher zehn Läufe. Das habe ich zu meiner Zeit im Training nie gemacht.

Marlies Raich: Ich habe festgestellt, dass man schnell wieder fanatisch wird.

Sie waren früher die besten Slalomfahrer der Welt. Wie viel Zeit würden Sie heute verlieren?

Benjamin Raich: Auf einem einfachen Hang wäre das gar nicht so viel. Ich glaube, dass wir da auf drei Sekunden herankommen. Aber auf einer Weltcuppiste, die richtig eisig ist, wird’s dann schwierig. Da benötigt man dann auch die entsprechende Kraft und Körperspannung.

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Nach dieser Erfahrung: Wäre ein Comeback denkbar? 

Marlies Raich: Reizen würde es mich schon sehr, einmal im Winter zu fahren. Am nächsten Tag habe ich beim Aufstehen aber schon gemerkt, dass es zu spät ist. Mich hat vor allem der Rücken geschmerzt.

Benjamin Raich: Bei mir war’s ähnlich. Um das zu machen, was die Topleute machen, brauchst du eine extreme Vorbereitung. In meinem Alter wäre das nicht mehr möglich. So spritzig zu sein, so frisch – das geht sich mit 46 einfach nicht mehr aus. Bei der Marlies wäre es noch eher drinnen. Umso größer ist die Hochachtung vor den Leuten, die wieder zurückkommen.

Können Sie nachvollziehen, dass Marcel Hirscher und Lindsey Vonn mit 35 und 40 Jahren ein Comeback feiern?

Benjamin Raich: Gerade jetzt, wo wir das selbst wieder ausprobiert haben, kann ich verstehen, dass man Blut leckt und wieder Lust und Spaß daran findet. Bei Marcel Hirscher sowieso, der hat ja als topfitter Fahrer aufgehört.

Marlies Raich: Und er hat immer trainiert. Ich kann es verstehen, dass sie es probieren wollen und diese besondere Herausforderung annehmen, um da etwas Großartiges zu schaffen. Gerade bei Lindsey Vonn ist die Geschichte mit ihrem Knie und dem teilweise ausgetauschten Kniegelenk noch einmal spezieller. Ich hoffe, dass das alles gut geht, weil es nicht ungefährlich ist.

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Das Risiko in Speedrennen ist ungleich höher als bei Marcel Hirscher, der nur Slalom und Riesentorlauf fährt.

Marlies Schild: Genau. Und sie ist ja noch dazu eine sehr risikoreiche Läuferin. Vonn hat sich immer komplett am Limit bewegt und ist regelmäßig irgendwo hineingecrasht.

Braucht der Skisport diese Publicity?

Marlies Raich: Es ist auf jeden Fall spannend. Wenn man gesehen hat, was beim Auftakt in Sölden los war – das war sicher auch dem Marcel geschuldet. Die Leute machen sich Gedanken: Wie kann das funktionieren? Wo landen die im Ergebnis?

Benjamin Raich: Solche Geschichten schaden keiner Sportart. Seit Sommer bin ich ständig gefragt worden: Was sagst du zum Hirscher, was macht Braathen? Die Comebacks tun dem Skisport gut.

Was sagen Sie zu den bisherigen Auftritten von Hirscher?

Benjamin Raich: Als er aufgehört hat, war er definitiv der Beste. Fünf Jahre nicht im Weltcup zu sein, ist nicht ohne. Auch Hirscher hat sich schwergetan, in Levi war er der Viertletzte, obwohl er zwischendurch schnelle Schwünge dabei hatte.

Marlies Raich: Und wenn beim Riesentorlauf in Sölden die vier Topleute nicht ausscheiden, dann wäre er wahrscheinlich nicht im zweiten Durchgang gewesen.

Benjamin Raich: Am Ende ist die Luft schon dünn. Es muss vieles stimmen, dass Marcel Hirscher gewinnt. Ich glaube generell, dass es für ihn im Slalom schwieriger wird.

Und was trauen Sie Lindsey Vonn zu?

Marlies Raich: Ich persönlich glaube ja, dass ihr großes Ziel die Olympischen Spiele 2026 in Cortina sind. Sie liebt Cortina und hat dort schon oft gewonnen. Ich glaube, das ist für sie die oberste Priorität. Vor allem, wenn man weiß, welche Bedeutung Olympische Spiele in den USA haben. Zuzutrauen ist ihr viel, aber es wird schwierig: Weil das Risiko, das sie eingehen muss, enorm ist und es auch große Konkurrenz gibt.

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Die Saison ist vier Rennen jung: Wie bewerten Sie die Leistungen des ÖSV-Teams?

Marlies Raich: In Sölden ein Stockerl, in Levi ein Podest – die Frauen sind super reingestartet. Das ist für das gesamte Team wichtig und gibt gute Vibes. Ich finde, dass sich Katharina Liensberger auf den Skiern wieder von einer ganz lockeren und entspannten Seite gezeigt hat. Da ist wieder eine Leichtigkeit drinnen.

Benjamin Raich: Mir haben die Leistungen der Herren beim Riesentorlauf in Sölden ganz gut gefallen. Stefan Brennsteiner war bis zu seinem Ausfall sehr schnell unterwegs, irgendwann wird er auch ins Ziel kommen. Bei Manuel Feller war es ähnlich. Der Slalom in Levi war jetzt vom Ergebnis nicht so gut. Ich sehe aber nicht schwarz.

Sie haben mit 20 und 22 ihr erstes Rennen gewonnen. Wo sind heute die Jungstars?

Benjamin Raich: Dass es jedenfalls geht, zeigen die Norweger. Ich bin der konträren Meinung zu Alpinchef Herbert Mandl, der in einem Interview sinngemäß gemeint hat: Die können alle nichts. Es gibt bei uns sehr viele Junge, die sehr gut fahren.