Sport/Tennis

Gedanken zu Thiems Abschied: Ein Überflieger mit Bodenhaftung

Es war im Sommer 2011: Die Medienvertreter machten es sich im Presseraum von Kitzbühel gemütlich. Die meisten waren gespannt, nur wenige kannten den 17-Jährigen bereits.

Doch ausgerechnet der Junge, von dem man bereits leise Wunderdinge erzählt hatte, fehlte. Ich fand Dominic Thiem mit einem Handy spielend in einem Nebenraum. „Ich bitte vielmals um Entschuldigung“, sagte der schüchterne Junior nach seinem ersten ATP-Auftritt, bei dem er bei der Niederlage gegen den Spanier Gimeno-Traver sein Talent aufblitzen ließ. „Ich habe geglaubt, das Ganze ist hier“. 

Nach weiteren Entschuldigungen begab sich der gut erzogene Dominic dann eiligst in den Pressebereich, um geduldigst Fragen zu beantworten. Schüchtern, aber doch mit klaren Ansagen. Nicht als Selbstdarsteller, aber als ein seinen Beruf liebender Teenager, der trotz Bodenhaftung wusste, was einmal aus ihm werden konnte.

Bitte keine Vergleiche!

Das wusste damals auch sein Trainer, Manager und Mentor Günter Bresnik, der nach den ersten Erfolgen mit Vehemenz darauf pochte, seinen Schützling niemals mit Thomas Muster zu vergleichen

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Besagter Bresnik wusste nach den ersten Erfolgen einerseits wie alle anderen Manager, wer medial eine wichtige Rolle spielte, aber auch, wer schon zuvor über den Knirps berichtete, wer es immer schon ahnte, was aus ihm werden könnte.

Und auch Letztere durften teilhaben an den größten rot-weiß-roten Erfolgen seit 20 Jahren. Auch wenn er dazwischen den New York Times oder anderen Medien von Weltformat Interviews gab, für die heimischen, bekannten Gesichter nahm er sich ebenso Zeit. 2011, als er erstmals bei den French Open bei den Junioren in einem Grand-Slam-Finale stand, war es nicht anders als in den Profi-Jahren, als er in Roland Garros, trotz des US-Open-Triumphs 2020 (das Turnier fand coronabedingt unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt) sein erfolgreichster Schauplatz, nach dem Training Rede und Antwort stand. 

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Auch unmittelbar vor seinen größten Matches, den Endspielen gegen Rafael Nadal. Wenn schon Österreicher da sind, dann rede ich auch mit ihnen. Da musste sogar ein TV-Experte Boris Becker kurz warten. Eine professionell gehaltene Nähe, die sich übrigens auch unter Manager Herwig Straka nicht änderte.

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Falsche Wege

Es wurde erst anders, als Thiem kein Topspieler mehr war. Teils unglückliche Personalentscheidungen sorgten ebenso für einen leichten Rückgang auf der Beliebtheitsskala – nicht nur bei den Medien. Aber nur in der Heimat (man kennt das Sprichwort mit den Propheten), vor allem in den Sozialen Medien wurde Österreichs Aushängeschild mehr als nur ungerecht behandelt.

Ob er mehr aus seiner Karriere hätte machen können? Sein größtes Hindernis war vielleicht gar nicht die Verletzung. Thiem hatte mit einem anderen Problem zu kämpfen: In seiner Generation spielten Roger Federer, Novak Djokovic und vor allem Rafael Nadal.

Er hat sie aber allesamt mehrmals auf deren Lieblingsbelägen geschlagen. In teils unglaublichen Matches.

Schon allein deshalb hinterlässt er eine riesige Lücke. Als Tennis-Profi, als Star, als Mensch. Lasst uns in Wien noch einmal feiern!