Katar: Scheichwerbung mit der Leichtathletik-WM
Seit 1983 gibt es Weltmeisterschaften für Leichtathleten. Sie haben stets im August stattgefunden. Der späte Termin im Jahr 2019 ist dem Ausrichterland Katar geschuldet wegen der hohen Temperaturen, die dort herrschen. Rund 40 Grad im Schatten sind angesagt im Wüstenstaat. So startet am 9. Oktober der Herren-Marathon um 23.59 Uhr MESZ. Es wird aber nicht die absolute Hitze das Riesenproblem sein, sondern die Temperaturunterschiede. Hotels, klimatisierte Autos, das klimatisierte Stadion, Aufwärmstadion nicht klimatisiert, dann Callroom extrem klimatisiert.
Der Weltsport wirft Prinzipien und Zeitpläne über Bord, wenn es um Katar – und damit ums liebe (sehr viele) Geld geht. Der Fußball-Weltverband FIFA wurde sogar zu einer Winter-WM gezwungen, weil die Endrunde 2022 unter zweifelhaften Umständen an Katar vergeben wurde.Der Wüstenstaat ist politisch nicht unumstritten, soll die islamistischen Muslimbrüder unterstützen und hatte enge Bindungen zum Iran. Deshalb haben seit 2017 Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten und Bahrain den Handel mit und Reisen nach Katar verboten und die Grenzen geschlossen.
Katar hat aber schon Jahre davor den Sport als Imagewerbung entdeckt und seither Milliarden investiert in Großereignisse: Schwimmen (Kurzbahn, Dezember 2014), Handball (Januar 2015), Straßen-Radsport (2016) und Turnen (2018) haben ihre Weltmeisterschaften an das reiche Emirat vergeben. Ab dem 27. September sind nun die Leichtathleten an der Reihe. Die Fußball-WM folgt 2022. Und Doha hatte sich auch schon – vergeblich – für die Olympischen Sommerspiele 2020 beworben.
Bestechungsverdacht
Nicht immer sollen die Vergaben supersauber gewesen sein. Die IAAF hat unter anderem drei kenianische Spitzenfunktionäre suspendiert. Diese sollen vom katarischen Verband zwischen 2014 und 2015 Autos als Geschenk erhalten haben. Yousef al-Obaidly ist der Generaldirektor des katarischen Medienkonzerns BeIn und sitzt im Verwaltungsrat des französischen Fußballmeisters Paris Saint-Germain.
Im Mai wurde er verdächtigt, bei der Vergabe der Leichtathletik-WM Schmiergelder in Millionenhöhe bezahlt zu haben. Der frühere Präsident des Internationalen LA-Verbandes IAAF, der Senegalese Lamine Diack, habe Katars Kandidatur vorangetrieben. Gleichzeitig soll Schmiergeld an die Firma seines Sohnes und einstigen Marketingbeauftragten der IAAF, Papa Massata Diack, geflossen sein. 3,5 Millionen Dollar sollen von einem Konto der katarischen Sportmarketing-Agentur Oryx an das Unternehmen von Diack überwiesen worden sein.
Oryx befindet sich im Besitz von Nasser al-Khelaifi und seinem Bruder Khalid. Nasser al-Khelaifi ist nicht nur der CEO des TV-Senders BeIn, sondern auch der Präsident von Paris Saint-Germain. Er gilt als zentrale Figur im Bestreben von Katar, zur sportlichen Großmacht aufzusteigen. Im vergangenen Februar wurde er außerdem in die Exekutive der UEFA gewählt. Im Fußball ist Paris SG das große Aushängeschild von Katar, allerdings werden auch Bayern München und AS Roma gesponsert. Und mit Real Madrid gibt es ein Stiftungsprojekt.
Sport-Wäsche
Für diese Form der Imagepolitur von menschenrechtlich bedenklichen Staaten gibt es mittlerweile den Begriff „Sportswashing“. Just Nachbar und Erzfeind Saudi-Arabien hat den Sport seit einem Jahr für sich entdeckt: Die Fußball-Stars von Brasilien haben im Oktober im Wüstenstaat Argentinien 1:0 geschlagen. Im Dezember funkte es bei der Formel E. Im Jänner kickte Fußball-Superstar Ronaldo, weil sich Juventus und Milan dort den italienischen Supercup ausgespielt haben. Und im Februar war die europäische Golf-Tour zu Gast.