Sport

Heute vor 10 Jahren: Als Jürgen Melzer seinen größten Triumph feierte

„Das war das Match meines Lebens“, titelte der KURIER am 3. Juni 2010 auf der ersten Sportseite. Diese Worte kamen von einem Mann, der damals in Paris die richtigen Saiten aufzog: Jürgen Melzer.

Der zu diesem Zeitpunkt bereits 29-Jährige sorgte mit seinem Sieg über den damaligen Ranglisten-Dritten Novak Djokovic für die Turniersensation bei den French Open und zog damals als zweiter Österreicher nach Thomas Muster in ein Grand-Slam-Semifinale ein. Ein Meilenstein für das österreichische Tennis, in dem nach dem Abgang von Thomas Muster kaum mehr Euphorie aufkam. Einen persönlichen Meilenstein für den Niederösterreicher hatte es schon in den Tagen zuvor gegeben. Nach elf vergeblichen Anläufen stand Melzer erstmals in einem Major-Achtelfinale, nachdem er den spanischen Sandplatz-Star David Ferrer glatt geschlagen hatte.

Nach einem weiteren Sieg über den stark aufspielenden Teimuras Gabaschwili wartete der Serbe Djokovic im Stadion Suzanne Lenglen. Das zweitgrößte Stadion auf der Anlage Roland Garros war an diesem Tage von Beginn an gut besucht und mit Fortdauer der Partie prall gefüllt.

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Wunder mit Anlaufproblemen

Und es sah alles so aus, als würde das Schauspiel programmgemäß verlaufen. Melzer, damals als Nummer 27 angetreten, verlor die ersten beiden Sätze klar 3:6 und 2:6. Als er auch im dritten Satz schnell mit einem Break und 0:2 zurückgelegen war, glaubten nicht einmal die österreichischen Fans an eine Überraschung.

Die wenigen österreichischen Print-Journalisten saßen bereits am Schreibtisch, um für die nächste Ausgabe den ihre Aufsätze fertig zu stellen. Doch dann spielte sich Melzer langsam in einen Spielrausch, das Unternehmen Wunder begann.  Melzer spielte sich in eine Fortsetzung, und sogar der ORF schaltete sich ein und  freute sich im fünften und entscheidenden Satz in der Prime Time über 700.000 Zuschauer. Nach  4:15 Stunden Spielzeit setzte sich Melzer mit 3:6, 2:6, 6:2, 7:6 (3), 6:4 durch.

Melzer hatte damit erstmals einen 0:2-Satzrückstand in einen Sieg umgewandelt. Zum zweiten Male bis dahin schlug der einen Top-3-Spieler, zuvor  hatte er bereits  Tommy Haas 2002 besiegt, der Deutsche war damals sogar die Nummer zwei.
 

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Sportler des Jahres

Für das Semifinale trauten viele dem voller Selbstvertrauen strotzenden Melzer die nächste Überraschung zu –  doch Rafael Nadal war zu stark und siegte in drei Sätzen. Im Herbst gelang Melzer die Revanche in Schanghai – dort besiegte  er den damals Weltranglisten-Ersten. Zudem verteidigte Melzer seinen Titel beim Wiener Stadthallenturnier und wurde zu Österreichs Sportler des Jahres gekürt.

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Karriere-Schub

Melzer gelang zwar nie wieder ein Vorstoß in ein Major-Semifinale, aber bei den nächsten drei Grand-Slam-Turnieren kam er jeweils ins Achtelfinale. Nach den Australian Open war er am 31. Jänner 2011 erstmals in den Top Ten, drei Monate später Nummer acht. Der Deutsch-Wagramer schaffte das Kunststück, gleichzeitig im Einzel und Doppel unter den besten zehn Spielern der Welt zu sein, das gelang in der Tennis-Geschichte nur wenigen. Djokovic wollte nach der Niederlage gegen Melzer sogar seine Karriere beenden, er tat es nicht - der Rest ist Tennis-Geschichte.

Wie gut Melzer mit 39 noch beisammen ist, zeigt er bei der österreichischen Turnierserie Pro Austrian Series, wo er nicht nur als Mitorganisator in Erscheinung trat, sondern auch alle drei Gruppenspiele gewinnen konnte. Wie es der Zufall will, war in der Südstadt am Dienstag wieder eine Nummer drei der Welt der Gegner. Melzer unterlag in einem Platzierungsspiel Dominic Thiem 3:6, 2:6.

Melzer wird dem österreichischen Tennis auch nach der Karriere erhalten bleiben, er ist ein Anwärter für den Posten als Sportdirektor des Österreichischen Tennisverbandes.