Pariasek: "Will ich mir mit 65 noch den Hintern abfrieren?"
Präsentator wird Rainer Pariasek auf der Homepage des ORF bezeichnet. Moderator könnte man auch sagen, auf neuenglisch vielleicht gar Anchorman der Sportberichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Das Magazin Profil nannte ihn vor kurzem erst „Star-Sportmoderator“ und „Perfektionist – mit Hang zur Panne“. In Internetforen wird er verspottet, seine Hoppalas werden zu Klassikern. Profil: „Der 53-jährige Sportansager wurde im eigentlich spröden Metier zur Kultfigur.“ Es gibt sogar Satireseiten auf Twitter („Der schöne Rainer“) und auf Facebook („Wayna Pawiasek“).
Der bald 54-Jährige ist im fünften Wiener Gemeindebezirk aufgewachsen und Vater dreier Töchter (17, 13, 11). Er lebt in Hollenburg bei Krems. Pariasek las während seines Jus-Studiums im KURIER eine Job-Anzeige der Austria Presse Agentur, die einen Sportjournalisten suchte. Danach ging er zur Presse und bewarb sich 1987 bei Ö3. Der damalige Chef Edi Finger senior schickte ihn zu seinem Junior zu Radio Wien. Pariasek kam doch noch zu Ö3. Bei den Olympischen Sommerspielen 1996 in Atlanta lernte er Elmar Oberhauser kennen. Nach den Spielen holte ihn der Fernseh-Sportchef vor die Kamera. Zwei Jahre später war Pariasek bei der Fußball-WM 1998 schon der Einser-Moderator.
KURIER: Wie hat Ihnen die WM gefallen?
Rainer Pariasek: Persönlich habe ich sie genossen. Früher haben wir zu zweit moderiert, mit Alina Zellhofer sind wir jetzt zu dritt. Dadurch kann ich mehr Spiele in der Freizeit genießen.
Und sportlich?
Vielleicht sehe ich die Sache verklärt. Aber es hat schon Weltmeisterschaften mit besseren Spielen gegeben. Wirklich viele Kracher waren nicht dabei.
Warum reden Sie Ihr Produkt schlecht? Die Quoten stimmen ja.
Mit den Quoten sind wir zufrieden. Aber sportlich muss man realistisch bleiben. Und da würde ich lügen, wenn ich sage, dass 61 von 64 Partien so richtig geil waren.
Nach der WM beginnt die Bundesliga, deren Rechte der ORF nicht mehr hat.
Das schmerzt. Wenn die WM das Hauben-Menü ist, dann ist die Liga die Hausmannskost. Der Fußball der österreichischen Liga ist nicht so schlecht, wie er von manchen gemacht wird. Nochmal: Mir tut’s weh.
Weil Sie eitel sind und nicht mehr so oft im Fernsehen zu sehen sein werden.
Die Arbeit wird ja mehr. Früher hatten wir ein Livespiel und danach die Zusammenfassungen der anderen Spiele. Jetzt haben wir Samstag und Sonntag je eine Highlightsendung. Aber es ist was anderes, wenn du live sendest oder nur Beiträge von Spielen bringst, von denen alle schon wissen, wie sie ausgegangen sind.
Wird Ihre Eitelkeit nicht durch das oftmalige Erscheinen im TV befriedigt.
Was heißt Eitelkeit. Ich arbeite gern und manchmal sogar zu viel. Wenn du zu oft auf dem Schirm bist, dann gehst du den Leuten auf die Nerven.
Wie fühlt man sich, wenn man bekannter ist als 95 Prozent der Sportler, die man interviewt.
Da habe ich mir noch keine Gedanken darüber gemacht. Aber ich glaube, dass der Prozentsatz zu hoch ist. Das interessierte Publikum kennt schon sehr viele Sportler.
Sie haben es geschafft zur Reizfigur zu werden, wie man im Internet nachlesen kann.
Das ist halt so in Zeiten der sozialen Medien. Sigi Bergmann hat mir gesagt, dass jeder in so einer Position Kritiker gehabt hat. Das war bei Heribert Meisl so, bei Kurt Jeschko, beim Sigi und bei mir. Da polarisiert man eben. Früher hat man am Wirtshaustisch geschimpft, jetzt stellt man es halt gleich ins Netz.
Was polarisiert mehr: Fußball oder Ski?
Ganz klar Fußball. Nach Skiübertragung ist die Kritik nicht so groß. Fußball bietet eine größere Angriffsfläche.
Lesen Sie die Kritik an Ihnen?
Ab und zu.
Auch Ihre Töchter?
Klar. Die sind ja aufgewachsen mit meinen Arbeitszeiten und mit meiner Position. Die nehmen das nicht so ernst.
Sie auch nicht?
Wenn ich alles ernst nehmen würde, hätte ich schon ein Magengeschwür. Ich kann damit leben, wenn es bei 1,4 Millionen Zuschauern zwei, drei negative Kommentare gibt.
Profil schreibt über Sie: „Pariaseks Unterhaltungswert resultiert nicht aus einer durchkomponierten Peter Alexanderhaftigkeit, mehr aus der Tollpatschigkeit eines Thomas Gottschalk.“
Nicht schlecht, mit Gottschalk verglichen zu werden.
Gibt es eine Panne, die Ihnen besonders in Erinnerung ist?
Meine Schwäche sind Namen. Manchmal verwechsle ich sie, manchmal fällt mir ein Name nicht ein.
Gibt es Interviewpartner, die Ihnen in Erinnerung sind?
Hans Krankl hat als Teamchef meine Fragen als Provokation empfunden. Auch Hermann Maier war nicht einfach, wenn er nicht gewonnen hat. Aber solche Typen sind mir oft lieber, weil sie mehr hergeben, weil es für die Zuschauer interessanter wird.
Und was ist mit Austria-Trainer Thorsten Fink? Der spottete, ob die Skisaison schon vorbei ist und sagte live, dass die keine Ahnung hätten.
Auch das ist mir lieber als eine fade Antwort. Die Leute wollen unterhalten werden, warten darauf, dass etwas Außergewöhnliches passiert.
Ist der deutsche Skistar Felix Neureuther Ihr Lieblings-Interviewpartner?
Klar, der hat sich doch selbst interviewt, als ich einmal zu spät gekommen bin. Er ist ein toller Kerl, wir verstehen uns sehr gut.
Es gibt aber auch den Vorwurf, dass Sie zu unkritisch sind mit Ihren Fragen.
Es ist noch immer Sport und Unterhaltung. Da geht es nicht um die elementaren Dinge der Menschheit. Elmar Oberhauser hat die Erfahrung gemacht, dass er für seine Politiker-Interviews Applaus geerntet hat. Mit denselben Fragen an einen Sportler bist du der Buhmann.
Gibt es dümmste Fragen?
„Wie fühlen Sie sich jetzt?“ Nichts dagegen, dass man nach den Emotionen nach einem Spiel oder Rennen nachgeht, aber das sollte man anders formulieren. Schlecht sind auch Feststellungsfragen, die passieren mir auch ab und zu.
Was viel Expertise ist für einen guten Moderator notwendig?
Ich kann mich nur gut vorbereiten. Das dauert länger, wenn Panama das erste Mal spielt. Oder wenn Spanien zum vierten Mal spielt, dann musst du überlegen, wie du die Zuseher auf das Spiel vorbereitest. Was aber ein Profi wie und warum auf dem Feld macht, das können die ehemaligen Fußballprofis besser beurteilen.
Experte Herbert Prohaska hat gesagt: „Über die Tunesier weiß ich nix.“
Das haben wir danach besprochen. Wahrscheinlich war es nicht gescheit, dass er das so direkt gesagt hat. Aber Schneckerl ist grundehrlich, da will ich ihm keinen Vorwurf machen.
Spionieren Sie manchmal bei der Konkurrenz?
Wenn ich daheim bin, schalte ich schon zu ZDF und ARD, um zu schauen, was die Deutschen besser machen. Auch wenn ich voreingenommen bin: ich verstehe nicht, wenn manche sagen, dass die besser sind als wir im ORF.
Würden Sie nicht gern ein Spiel kommentieren? Ist das so schwierig?
Ich habe bei der EM 2000 noch live kommentiert. Ich finde es nicht so verschieden zu meinem Job. Klar gibt es kleine Unterschieden. Aber ich habe mich entschieden, in der Rolle als Moderator die Nr. 1 zu werden.
Ist Sport-Moderator Ihr Traumjob? Und wie lange werden Sie ihn machen?
Traumjob ja. Aber ich weiß nicht, ob ich mir noch mit 65 Jahren in einem Zielraum den Hintern abfrieren will.
Bundesliga: Das Comeback der ORF-„Fußball“-Sendung
Live-Übertragungen Der Pay-TV-Sender Sky zeigt alle Spiele - in Konferenz und als Einzeloption. Das Saisoneröffnungsspiel Austria - Wacker Innsbruck (Freitag, 20.45 Uhr) ist frei auf A1.TV zu sehen. Die Telekom-Tochter erwarb dazu die Übertragungsrechte für drei weitere Spiele: ein Wiener Derby, das Eröffnungsspiel im Frühjahr sowie ein Spiel der Qualifikationsgruppe.
Highlights im ORF Samstag (19.20 Uhr) und Sonntag (19.15 Uhr) gibt es die Liga-Highlights in der ORF-„Fußball“-Sendung zu sehen. Rainer Pariasek, Kristina Inhof, Christian Diendorfer und Bernhard Stöhr werden moderieren. Die ersten Samstagspiele sind Altach - Mattersburg und Sturm - Hartberg. In den Highlights gibt es auch die Freitag-Partie.
2. Bundesliga Laola 1 hat die Rechte der 16er-Liga und überträgt alle 240 Spiele live. ORF Sport + zeigt jeden Freitag ein Live-Spiel und nach der „ZiB 24“ die Highlights der Runde. Den Auftakt im ORF macht Steyr – Ried (Freitag, 19 Uhr). Zudem spielen Austria Klagenfurt – Austria Lustenau, Horn – Liefering, Kapfenberg – Austria Amateure, Wr. Neustadt – BW Linz (19.10).