Sport/Fußball

Özil holt zum Rundumschlag aus - und erklärt DFB-Rücktritt

Mesut Özil hat am Sonntag via Twitter seinen Rücktritt aus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bekanntgegeben. Der 29-jährige Weltmeister von 2014 zog damit die Konsequenzen aus der öffentlichen Kritik und den Attacken wegen seiner Fotos mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan vor der WM. Özil sparte in seinen Statements auch nicht mit Kritik an Medien und Sponsoren.

 

Alle Inhalte anzeigen

Erst wenige Stunden zuvor hatte sein heftig kritisiertes Foto mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan verteidigt. Insgesamt veröffentlichte Özil am Sonntag gleich drei umfassende Statements. Erstmals seit der Welle der Kritik, die nach Veröffentlichung des Fotos mit Erdogan, Özil und dessen DFB-Nationalteamkollegen Ilkay Gündogan über die beiden Spieler und den DFB hereingebrochen war, meldete sich Özil zu dem Thema zu Wort.

Alle Inhalte anzeigen

"Diese letzten Wochen haben mir die Zeit gegeben, zu reflektieren und über die Ereignisse der letzten Monate nachzudenken", beginnt das erste Statement, das Özil in den sozialen Medien veröffentlichte. "Wie viele Menschen liegt meine Abstammung in mehr als einem Land. Ich habe zwei Herzen, eines deutsch und eines türkisch."

Alle Inhalte anzeigen

"Für mich ging es bei meinem Foto mit Präsident Erdogan nicht um Politik oder Wahlen, sondern um meinen Respekt für das höchste Amt im Land meiner Familie. Mein Beruf ist Fußballer, nicht Politiker, und unser Treffen war kein Gutheißen irgendeiner Politik. Tatsächlich haben wir über das gesprochen, worüber wir bei jedem unserer Treffen sprechen - über Fußball, weil auch er in seiner Jugend Fußballer war."

Rassistische Medien, rassistischer DFB

"Für mich zählt nicht, wer der Präsident ist, sondern dass es der Präsident ist. Mir ist klar, dass das schwer zu verstehen sein mag, weil man in vielen Kulturen den politischen Anführer nicht getrennt von der Person dahinter betrachten kann - aber in diesem Fall ist das anders. Was immer das Ergebnis dieser Wahl oder der Wahl davor gewesen wäre, ich hätte dieses Foto trotzdem gemacht."

Auch an die Medien richtete er harsche Worte - und unterstellte ihnen Rassismus. "Gewisse deutsche Zeitungen verwenden meine Herkunft und mein Bild mit Präsident Erdogan als rechte Propaganda, um ihre politischen Ziele zu fördern. Sie kritisieren nicht meine Leistung, sie kritisieren nur meine türkische Herkunft und meinen Respekt für meine Erziehung. Macht mich mein türkisches Erbe zu einem lohnenden Ziel? Für sie [die Medien, Anm.] ist es wichtiger, wenn ich ausgebuht werde oder mich mit einem Präsidenten fotografieren lasse, als wenn ich Kindern auf der ganzen Welt Operationen ermögliche."

Zudem kritisierte Özil einige Sponsoren, die ihm in Folge des Erdogan-Fotos die Unterstützung entzogen hatten - und auch der DFB kam nicht ohne Kritik davon. "Ich wurde von einem Sponsor fallen gelasse. Weil sie auch Sponsor des DFB waren, wurde ich gebeten, Werbevideos zu drehen. Aber nach dem Foto mit Präsident Erdogan wurde ich aus den Kampagnen genommen und alle Termine abgesagt. Das finde ich ironisch, denn ein deutsches Ministerium hat erklärt, dass die Produkte dieses Sponsors illegale Software installiert haben, die die Kunden in Gefahr bringt. Ist das nicht schlimmer als ein Bild mit dem Präsidenten des Landes meiner Familie? Was sagt der DFB dazu?"

Gegen den DFB wetterte Özil noch weiter - konkret gegen dessen Präsidenten Reinhard Grindel: "In den Augen von Grindel und seinen Unterstützern bin ich Deutscher, wenn wir siegen, aber ein Einwanderer, wenn wir verlieren. Ich werde als 'anders' behandelt. Gibt es Kriterien für das vollständige Deutsch-sein, die ich nicht erfülle? Ist es, weil es die Türkei ist [aus der ich stamme]? Ist es, weil ich Moslem bin?"

"Aufgrund der Behandlung, die ich vom DFB und vielen anderen erfahren habe, möchte ich nicht länger das Trikot des deutschen Nationalteams tragen. Ich fühle mich unerwünscht. Schweren Herzens und nach langer Überlegung werde ich also nicht länger für Deutschland spielen, während ich dieses Gefühl des Rassismus und des fehlenden Respekts habe. Ich habe das deutsche Trikot mit viel Stolz und Aufregung getragen, aber nicht mehr."

Alle Inhalte anzeigen

Nach Bekanntwerden des Fotos hatten viele Fans gefordert, Özil und Gündogan nicht für die WM-Mannschaft des DFB zu nominieren. Auch am vorzeitigen Ausscheiden des Ex-Weltmeisters in der Gruppenphase gaben manche dem Trubel rund um Özil die Schuld.