Neuer Sportdirektor: Rapid bastelt an der Barisic-Rückkehr
Von Alexander Huber
Das 2:2 gegen Hartberg war ein Spiegelbild der gesamten Rapid-Saison: Der fulminante Auftakt zeigte, was möglich wäre. Die zweite Halbzeit zeigte, was wirklich ist.
„Die einzige Erleichterung ist, dass uns auch ein hoher Sieg nicht mehr gereicht hätte“, fand Trainer Didi Kühbauer, der sich nach der Rettung von St. Pölten im Abstiegskampf erneut mit dem bösen A-Wort beschäftigen muss. Denn bei (durch die Halbierung) nur noch fünf Punkten Vorsprung auf den Letzten Innsbruck und der weiterhin fehlenden Konstanz der Hütteldorfer ist „alles möglich“, wie Routinier Mario Sonnleitner richtig erkannte: „Von der Europacup-Qualifikation bis zum beinharten Abstiegskampf.“
Rapid hat sich die Teilnahme an der Qualifikationsgruppe redlich verdient. Der Schaden ist auf mehreren Ebenen enorm. Neben den Einnahmen leidet auch das Image, zusätzlich wird die Planung für die kommende Saison erschwert.
Dezember-Deal
Die große Frage lautet: Wer soll sie überhaupt planen? Ursprünglich wollte Michael Krammer, dass Fredy Bickel einerseits über das Vertragsende im Sommer hinaus weitermacht, andererseits aber seinem im November zu bestellenden Präsidenten-Nachfolger nicht vorgreifen. Tatsächlich erklärte sich der Sportdirektor bereit, dass die neue Führung den bis Sommer 2021 geplanten Vertrag schon im Dezember beenden könnte. Im Gegenzug bekam der Schweizer zugesichert, zwischen September und Dezember von sich aus gehen zu können. Falls Philosophie und/oder Chemie mit dem neuen Boss nicht übereinstimmen sollten.
Dieser Deal wurde mündlich und per Handschlag besiegelt, am 11. Dezember gab es sogar eine Rapid-Aussendung. Nur die angekündigte Unterschrift unter die Vertragsverlängerung wurde hinausgezögert. Am 1. April – kein Scherz – hätte „die Formalität“ in der kommenden Präsidiumssitzung erledigt werden sollen.
Und jetzt? Will Krammer mit Bickel das Gespräch suchen. „Wir werden uns unterhalten. Es geht um eine Analyse, was passiert ist und wie wir in die Zukunft gehen“, sagt Krammer. Der in der Heimat noch so erfolgreiche 53-Jährige versichert, dass er den Klub in der Krise nicht im Stich lassen will. Aber dass Rapid in seinen 27 Monaten Amtszeit nie konstant gut spielte, setzt Bickel arg zu: „Wenn irgendwas Unvorhergesehenes passiert, ist die Konstanz weg.“
Geteilte Bilanz
Die gesamte Ära Bickel ist davon gekennzeichnet, dass er von einem zum nächsten Krisenherd eilt. Bei den Transfers gab es teure Flops, aber auch insgesamt neun Millionen Transferplus und nicht für möglich gehaltene Vertragsverlängerungen, die im Sommer – trotz Krise – Millionen einbringen werden.
Bickel arbeitet viel (oft unbedankt) im Hintergrund, die große Linie hat er aber nie vorgegeben. Vermutlich stimmt das, was einer der wenigen Schweizer Kritiker zum KURIER nach der Bestellung sagte: Bickel sei „mehr Sozialarbeiter, als Stratege“.
Krammer kündigt eine baldige Sitzung mit Bickel und Kühbauer an: „Wir brauchen eine Analyse, was schiefgegangen ist und eine klare neue Zielvorgabe. Die Qualifikationsgruppe wird für den gesamten Verein ein Charaktertest.“
Charakterlich zweifelhaft wirkt, dass Bickel während der Länderspielpause, nachdem die Peinlichkeit Qualifikationsgruppe feststeht, wie ein Bauernopfer abgesetzt werden könnte. Andererseits ergeben
KURIER-Recherchen, dass im Verein schon länger über eine Neuaufstellung nachgedacht wird, unabhängig von den Top sechs. Mehr durchgängige Strategie, gezieltere Nachwuchsförderung und bessere Spielerentwicklung lauten die Schlagwörter.
Und hier kommt Zoran Barisic ins Spiel.
Krammers Versöhnung
Krammer hat die Absetzung des Trainers im Sommer 2016 als seinen „größten Fehler“ eingestanden, sich mit dem 48-Jährigen versöhnt und seit Monaten regelmäßigen Austausch. Dem Wiener wird im Verein zugute gehalten, dass er Rapid so gut kennt wie kaum ein anderer. Vom Nachwuchs bis zu den Profis, von den Einflüsterern bis zu den falschen Schlangen.
Krammer „will sich nicht an Spekulationen beteiligen“. „Kein Kommentar“, sagt Barisic auf die mögliche Rückkehr angesprochen. Dafür spricht, dass sowohl Altach als auch St. Pölten daran scheiterten, mit dem Trainerkandidat in vertiefende Gespräche zu kommen – als würde sich Barisic für seinen Herzensverein frei halten.
Aber will der Trainer mit Leib und Seele überhaupt einen aufreibenden Büro-Job mit nervigen Spielerberatern in Dauerschleife am Handy? Auf genau diese Frage sagte Barisic vor mehreren Monaten zum KURIER: „Es würde genau einen Verein geben, für den ich als Sportdirektor arbeiten würde. Und das ist Rapid.“