Sport/Fußball

Die Ära von Joachim Löw ist „irgendwie“ zu Ende

Das Outfit an seinem letzten offiziellen Arbeitstag als Bundestrainer ließ tief blicken. Schon optisch zeigte Joachim Löw, dass jetzt ein neuer Lebensabschnitt auf ihn wartet. 15 Jahre lang war Löw bekannt für seinen eleganten Kleidungsstil, bei seiner allerletzten Pressekonferenz saß der 61-Jährige nun im lässigen Hoodie auf dem Podium.

Als Löw im vergangenen November die hochpeinliche 0:6-Pleite gegen Spanien erklären musste, hatte er unzählige Male das Wort „irgendwie“ in den Mund genommen. Zum Ende seiner Amtszeit ist der Bundestrainer die Antwort auf die Frage nach dem Wie schuldig geblieben, stattdessen hat seine Mannschaft nur noch irgendwie gespielt.

Hohe Maßstäbe

Wenn Löw nun trotz seines WM-Titels beim Abschied hart angegangen wird, liegt das unter anderem daran, dass er an den hohen Maßstäben gemessen wird, die er selbst geschaffen hat. Massive Kritik an Löw hat es immer gegeben, besonders stark etwa in den zwei Jahren vor dem WM-Titelgewinn in Brasilien, als die Defensivschwäche moniert wurde. Löw ließ sich nicht beirren, machte bei der WM in Brasilien Innenverteidiger Höwedes zum Außenverteidiger und bewies auch sonst Flexibilität.

Von der damaligen Flexibilität ist allerdings wenig übrig geblieben. Löw hat bei dieser EM an seiner taktischen Formation festgehalten, egal, gegen welchen Gegner es ging. Angesichts des mäßigen deutschen Erfolgs zuvor verstärkte die Sturheit Löws den Eindruck, er wolle sich irgendwie zu einem guten Ergebnis in seinem letzten Turnier durchwursteln. Die Visionen sind ihm leider über die Jahre abhandengekommen.

Am Ende der Ära Löw scheint der deutsche Fußball da angekommen zu sein, von wo aus er einst startete. Damals, als sich der DFB 2004 in die Hände von Motivationsguru Jürgen Klinsmann begab, der auf den Sachverstand seines Assistenten Löw setzte, sollte endlich mit der Tradition des Durchwurstelns, des verzagten Ergebnisfußballs gebrochen werden. Löw etablierte ab 2006 ein neues offensives Selbstverständnis des deutschen Fußballs, der auch identitätsstiftend war und 2014 zum umjubelten WM-Titel führte.

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Geringer Glanz

Aber irgendwie ist alles gekippt in eine Richtung, die Löw gar nicht wollte. Man wollte den Gegnern stets das eigene Spiel aufzwingen. Gegen England wollte man vorerst aber die Stärken des Gegners aus dem Spiel nehmen, bevor man die eigenen Stärken ausspielen wollte.

Das sollte die Offensive sein, doch dazu kamen die Deutschen dann doch nicht so richtig. Wobei es schon die Möglichkeit gab, sich im Stile früherer Teams durchzuwursteln. Ausgerechnet Müller hätte auf seinem Weg allein aufs Tor der Ära Löw am Ende mehr Glanz verleihen können. Vermutlich wäre es nicht weit gewesen zur Schlagzeile: Deutschland duselt sich ins Halbfinale. Irgendwie.

Der Spieler
Joachim Löw (61) spielte die meiste Zeit seiner Karriere für Freiburg, war auch bei Stuttgart, Frankfurt und Karlsruhe

Der Trainer
Schon mit 34 Jahren wurde er in der Schweiz bei Frauenfeld Spielertrainer. Mit 36 wurde er Cheftrainer beim VfB Stuttgart. Es folgten Jobs bei Fenerbahçe Istanbul, Karlsruhe und  Adanaspor. 2001/2002 coachte er den FC Tirol, 2003/2004 Austria Wien. Danach wurde er Co-Trainer des deutschen Nationalteams, das er 2006 als Cheftrainer übernahm