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Carlsen vs. Caruana: Ein Schach-Duell wie ein Boxkampf

Monatelang haben sich die Kontrahenten auf den Kampf vorbereitet, physisch und mental. Nun geht es im Duell Mann gegen Mann über zwölf Runden um den WM-Titel und um ein Preisgeld von einer Million Euro. Magnus Carlsen heißt der Titelverteidiger, Fabiano Caruana der Herausforderer. Ausgetragen wird der Wettbewerb seit gestern in The College, einem altehrwürdigen Gebäude mitten in London. Mehrere hundert Millionen Menschen werden das Duell im Internet verfolgen.

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Der Gefühlsspieler

„Dieses Mal ist es das wahre Duell“, sagt Magnus Carlsen und betont: „Weltmeister zu sein, ist Teil meiner Identität. Es kümmert mich gar nicht, Weltmeister zu sein. Ich möchte aber nicht, dass es jemand anders ist.“

Der 27-jährige Norweger führt seit Juli 2011 die Weltrangliste ohne Unterbrechung an. Einst war er ein Wunderkind, längst ist er globaler Sportstar. 2013 schlug er Viswanathan Anand (IND) und holte den WM-Titel. Zwei Mal konnte er ihn bisher verteidigen. Unerreicht sind seine Fähigkeiten im Mittel- und Endspiel, wo er sich von seiner Intuition leiten lässt. „Magnus Carlsen ist ein Gefühlsspieler, er denkt nicht so weit voraus“, sagt der Kärntner Markus Ragger, Österreichs bester Schachspieler. „Diese Qualitäten kommen ihm vor allem dann zugute, wenn er einmal unter Zeitdruck gerät.“

Carlsen spielt Fußball, Basketball und geht Langlaufen. Dank seiner Physis ist er in der Lage, auch in der sechsten oder siebenten Spielstunde Topleistungen zu bringen. Sein Ehrgeiz wird ihm bisweilen als Arroganz ausgelegt, doch in seiner Heimat liegen ihm die Fans zu Füßen.

Er wird als „Mozart des Schach“ bezeichnet, er modelte für das Modelabel G-Star, er synchronisierte sich selbst in einer Simpsons-Folge, und er provoziert gerne, vor allem in Social Media.

Diesmal gibt er sich betont locker. Mit einer Drei-P-Formel habe er sich auf den WM-Kampf vorbereitet: „Pizza, Poker und Premier-League-Spiele.“ Seine Botschaft an den Kontrahenten ist klar: Der Weltmeister sieht dem Angriff auf seinen Thron gelassen entgegen.

Der Analytiker

Doch das WM-Duell ist komplett offen. Der Titelverteidiger führt in der Weltrangliste, nur drei Punkte dahinter liegt Fabiano Caruana. „Das wird die spannendste WM seit Langem“, sagt Ragger. Caruana sei ein ganz anderer Spielertyp als Carlsen: „Er ist sehr konkret, er bleibt immer objektiv – und er lässt sich nicht provozieren.“

Der 26-jährige Amerikaner ist als Sohn von Italienern in Brooklyn aufgewachsen. Mit fünf Jahren schickten ihn die Eltern zum Schach-Training, weil sie hofften, dem wilden Buben etwas Disziplin beizubringen. Mit zehn bezwang er erstmals einen Großmeister. Die Familie zog wieder nach Europa, um die Karriere ihres Sohnes zu fördern.

Mit Erfolg: Mit 15 wurde er Großmeister, im März 2018 gewann er das Kandidatenturnier und qualifizierte sich so für das WM-Duell.

Caruana ist der erste Amerikaner seit Bobby Fischer 1972, der um eine WM spielt. Doch im Gegensatz zum skandalumwitterten Fischer (*1943, 2008) fehlt ihm jede Exzentrik. Dennoch sagt er zum WM-Kampf: „Es ist ähnlich wie Boxen oder Mixed Martial Arts. Es ist ein Duell Schlag auf Schlag, in dem wir beide versuchen werden, die Oberhand zu gewinnen und unseren Willen durchzusetzen.“

Der Sieger wird den Titel 2020 verteidigen müssen, möglicherweise in Österreich. Wien will sich mit dem Museumsquartier bewerben.

Modus

Ermittelt wird der Weltmeister in insgesamt zwölf Runden. Die Akteure spielen abwechselnd mit den weißen und den schwarzen Figuren. Für die ersten 40 Züge hat jeder Spieler eine Bedenkzeit von 100 Minuten, für die folgenden 20 Züge sind es 50 Minuten. Für die restlichen Züge stehen je 15 Minuten zur Verfügung zuzüglich einer Gutschrift von 30 Sekunden pro Zug.

Ein Sieg bringt einen Punkt, ein Remis einen halben. Die 12. Runde ist für 26. November angesetzt, sollte es 6:6 stehen, geht es in ein Tie-Break mit verkürzter Bedenkzeit.