Boxer Nader: "Aus einer beschissenen Situation das Beste machen"
Von Harald Ottawa
Die große K.-o.-Phase ist vorbei, Schlag auf Schlag geht es aber noch lange nicht. Auch Marcos Nader, Österreichs erfolgreichster Boxer der vergangenen Jahre, ist nicht in der Lage, seine Fäuste sinnvoll sprechen zu lassen. Auf SchauTV (Sport-Talk, Samstag, 13.45 Uhr) spricht der 30-Jährige, der unter anderem 2013/2014 acht Monate EU-Meister im Mittelgewicht war, über die widrigen Umstände, mit denen er und seine Kollegen zurecht kommen müssen. "In den ersten Wochen der Krise gab es ein Home-Workout nach Trainingsplänen, seit drei Wochen arbeiten wir zumindest im Verein."
Freilich – ohne Körperkontakte. Und da Sandsäcke nicht zurückschlagen können, darf man kaum von sinnvollem Training sprechen. "Wir sind ein Kontaktsport und leben von Partnerübungen sowie Sparrings. Das wird es langweilig, weil langsam die Inhalte ausgehen. Wenn du die Führhand auf den Sandsack haust, schlägt keiner zurück, um dich zu treffen."
Unternehmen Titelverteidigung
Herumjammern will er nicht ("Auch andere Sportarten haben Probleme") und zeigt auch Verständnis für die Regierung ("Die Gesundheit geht vor"), trotzdem bricht der Profi-Boxer eine Lanze für die Kandidaten, die sich für Olympia 2021 qualifizieren wollen. "Jetzt könnten sie die ganzen Grundlagen vollkommen ausbauen. Man muss jetzt das Beste aus dieser beschissenen Situation machen." Vor allem Marcel Rumpler hätte schon gute Chancen gehabt, sich für Tokio zu qualifizieren. Auch Umar Dzambekov, Edin Avdic, Aleksandar Mraovic hätten die Voraussetzungen.
Er selbst will irgendwann seinen "Titel als IBF International Champion verteidigen." Wann, steht in den Sternen.
Finanzieller Tiefschlag
Auch im Olympiastützpunkt Bounce, den sein Bruder und Bundestrainer Daniel Nader leitet, ist die Situation ungewiss. "Wir wissen, dass die Fitnesscenter Ende Mai aufsperren, aber noch nicht, wie es mit Kampfsportzentren weitergeht. Es ist eine schwere finanzielle Herausforderung."
Dass es im Oktober eine Bounce-Fight-Night gibt, glaubt Nader nicht. "Vielleicht ist es im Dezember möglich, Kämpfe ohne Publikum zu veranstalten. Wir haben einen guten TV-Partner an der Hand. Wir wollen den Boxsport wieder dorthin bringen, wo er in Zeiten von Hans Orsolics war."
Das Positive an der Pause? "Ich hatte nun viel mehr Zeit für meine zweijährige Tochter." Ob sie in seine Fußstapfen treten will? "Sie schlägt zwar schon kräftig zu, ich will sie aber lieber zum Tennis schicken."
Hochachtung
Kein Talent mehr ist der bald 54-jährige Mike Tyson, der ein Comeback ankündigte. "Er macht es für einen guten Zweck, dafür hat er meine Hochachtung. Ich weiß aber nicht, ob es so gesund ist, mit diesem Alter in den Ring zu steigen, er hat viele schwere Kämpfe hinter sich."