"Manches war schmerzhaft": Kurz und Kogler präsentieren das Regierungsprogramm
Nach 100 Tagen wird oft die erste Bilanz gezogen. ÖVP und Grüne legten 100 Tage nach der Nationalratswahl heute ihren fast 300 Seiten starken Koalitionspakt in der Aula der Wissenschaften vor.
Dabei bekräftigten die Parteichefs, Sebastian Kurz und Werner Kogler, jeweils, dass es zwar einige Punkte gebe, die vielleicht schmerzhaft seien, man aber eine neue Linie der Konfliktlösung gefunden habe. So tragen unterschiedliche Bereiche des Abkommens unterschiedliche Handschriften - je nach Fokus des jeweiligen Koalitionspartners. "Wir haben es uns nicht leicht gemacht, aber wir sind auch nicht dafür gewählt worden, es uns leicht zu machen", sagte Kogler. Es gehe um die schlichte Erkenntnis, dass es in der parlamentarichen Demokratie Kompromisse geben müsse. Er wende sich "ausdrücklich gegen die Denunziation des Kompromisses".
Beim Klimaschutz haben die Grünen ihre Forderungen weitgehend durchgesetzt. Das erwartete große Klimaschutz-Paket der türkis-grünen Koalition besteht aus vielen einzelnen Maßnahmen bzw. Überschriften, die zum Teil noch mit Inhalt gefüllt werden müssen. Das große Ziel ist es, Österreich bis 2040 klimaneutral zu machen. Bis 2030 soll der Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Geplant sind auch ein Österreich-Ticket, der Öffi-Ausbau und ein Klimacheck für alle neuen Gesetze.
Auch beim Thema Transparenz lässt sich eine starke grüne Handschrift erkennen: Dass ein Kernpunkt der grünen Regierungsbeteiligung ein Transparenzpaket sein soll, hatte Kogler schon früh in den Verhandlungen klar gemacht. Für die Regierungsprogramm versprochene Abschaffung des Amtsgeheimnisses brauchen sie aber eine Zweidrittelmehrheit im Parlament und damit die Unterstützung von SPÖ oder FPÖ. Geplant ist auch - einmal mehr - eine Reform des Parteiengesetzes.
Sicherungshaft für Asylwerber wird möglich
In anderen Tehemnbereichen - wie etwa Asyl und Migrationen, mussten die Grünen umgekehrt der ÖVP entgegenkommen. "Migration wird ein Herzstück meiner Politik bleiben ", erkärte Kurz. Hier soll es etwa zur Einführung einer "Sicherungshaft zum Schutz der Allgemeinheit" kommen. Betroffen sein sollen davon Personen, "bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die öffentliche Sicherheit gefährden". Außerdem kündigte Kurz an: "Im Kampf gegen den politischen Islam und religiösen Extremismus wird es Gesetzesverschärfungen geben."
In das Abkommen eingebaut ist auch ein koalitionsfreier Raum für den Fall einer neue Flüchtlingskrise: Bei "neuen unvorhergesehenen Herausforderungen" wird ein recht komplexer Modus in Kraft gesetzt, wie die Koalition sich abzustimmen hat. Können sich am Ende Kanzler und Vizekanzler nicht verständigen, kann das zuständige Ministerium eine Gesetzesinitiative im Alleingang im Parlament einbringen und nach einer Begutachtung gegebenenfalls auch mit anderen Mehrheiten umsetzen. Kogler und Kurz zeigten sich bei der Präsentation aber davon überzeugt, dass es dieen Mechanismus nicht brauchen werden.
Ein weiterer für die Grünen wohl durchaus heikler Punkt ist die Einführung des Kopftuchverbotes für Mädchen bis 14 Jahre in der Schule. Kolger rechtfertigte das damit, dass die Grünen nicht wollen, dass "bestimmte Gruppen an den Rand gedrängt werden".
Wie die Grüne Basis zu den von den Verhandlern erzielten Kompromissen steht, wird sich am Samtag zeigen. Dann tritt der Grüne Bundeskongress in Salzburg zusammen und stimmt über das Abkommen ab. Sollte sie sich dagegen aussprechen, heißt es "Zurück an den Start."