Tomaselli vor U-Ausschuss: "Die Koalition ist belastet"
Von Elisabeth Hofer
Thomas Schmid, ehemals Generalsekretär im Finanzministerium und Ex-ÖBAG-Chef, will den Kronzeugen-Status. 15 Tage lang wurde er von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einvernommen. Die dem KURIER vorliegenden Aussagen belasten Ex-Kanzler Sebastian Kurz schwer. Belastende Aussagen gibt es auch über Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka. Er ist Vorsitzender im U-Ausschuss, wird aber heute vertreten, das sei schon länger geplant gewesen, heißt es.
Man habe eine kurze Nacht hinter sich, eine Lesenacht nämlich, sagt zum Start in den Tag Nina Tomaselli, Fraktionsführerin der Grünen im Ausschuss. Die These, mit der man in den U-Ausschuss gestartet ist, scheine sich nun auch für die schwer Überzeugbaren zu bewahrheiten. Es gehe um steuerfinanzierte Fake-Umfragen, "mit denen man nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die eigenen Parteifreunde täuschen wollte", um Postenschacher, und um Sonderbehandlung für Superreiche.
Zum Thema Koalition der Grünen mit der ÖVP sagte Tomaselli: "Selbstverständlich ist die Koalition belastet". Auch, weil die ÖVP nun erstrecht wieder mit sich selbst beschäftigt sei. Bislang hätten die Grünen beim Aktenstudium aber noch keine Vorwürfe gegen den amtierenden Bundeskanzler Karl Nehammer gefunden.
Nach den Entwicklungen der letzten Stunden sei sie "schon verwundert, dass die Neos ihre Haltung zur Verlängerung des U-Ausschusses nicht überdenken wollen", sagt Tomaselli. Sobotka könne als Nationalratspräsident nicht abgesetzt werden, sie erwarte sich aber, dass er selbst Konsequenzen zieht.
Für SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer füllen die bekannt gewordenen Aussagen von Schmid die Lücken zwischen den Chats und den E-Mails im U-Ausschuss und komplettieren damit das "Bild von der Korruption der ÖVP". "Mittlerweile ist es schwierig, dieses Bild nicht zu sehen", so Krainer: "Eine Reihe von ÖVP-Politikern sollte beginnen, ihre Schreibtische zu räumen." Angesichts der Verdachtslage habe Leugnen irgendwann keinen Sinn mehr, betonte Krainer.
Die ÖVP selbst, im U-Ausschuss u.a. vertreten durch Andreas Hanger, nannte die Entwicklung der letzten Stunden "bemerkenswert", der U-Ausschuss habe die Akten noch nicht, darum könne er sie nicht beurteilen. Hanger ersuche alle, die Akten zu beurteilen "sobald sie am Tisch liegen". Die Sachverhalte würden aufgeklärt gehören, er werde ein Bild von Politik gezeichnet, das nicht sein Verständnis sei, erklärte er.
Christian Hafenecker (FPÖ) zitierte Wolf Haas und hielt fest: "Es ist schon wieder was passiert". Man müsse sagen "Liebe ÖVP, es ist vorbei." Wieso? Weil mit Schmids Aussagen nun endlich der Missing Link da sei. Es habe bisher kein Bindeglied zwischen Kurz und der Beamtenschaft gegeben, aber das sei nun da. Nicht nachvollziehbar sei, dass Schmid 15 Tage bei der WKStA saß, aber "der Herr Innenminister" es nicht geschafft habe, ihn bzgl. Ladung in den U-Ausschuss zu finden, erklärte Hafenecker. Was Sobotka angeht, so glaubt Hafenecker, dass dieser versuchen wird, die Situation auszusitzen. Warum ausgerechnet die Neos jetzt zum "Totengräber des U-Ausschuss" würden, kann er sich nicht erklären.
Stephanie Krisper (Neos) erklärte, man bleibe trotz Schmids Aussagen dabei, den Ausschuss nicht verlängern zu wollen. Grund: Schmids Aussagen würden keine neuen Spielarten des Machtmissbrauches zeigen. Stattdessen sei es jetzt Aufgabe des Parlaments, diese zu schließen, die Zeit würde eher gebraucht, um an Reformen zu arbeiten. Denn sonst könne das System des Machtmissbrauches fröhlich weiterbestehen, "weil die Schlupflöcher weiter existieren, die Schmid jetzt auch bestätigt hat".
Und: "Die ÖVP demonstriert vollkommene Uneinsichtigkeit, sie versteht nichts, sie will nichts verändern", sagte Krisper in Richtung Türkise. Das Problem aber gehe viel weiter und betreffe nicht nur die abgetretene türkise ÖVP. Es gehe unter anderem um den amtierenden Nationalratspräsidenten, oder auch um Klubobmann August Wöginger. Die ganze Geschichte sei noch lange nicht erledigt.