Was den Österreichern wichtig ist: "Respekt im Umgang" vor "persönlicher Freiheit"
Hat uns die Corona-Krise stärker zusammengeschweißt oder weiter auseinander gebracht? Wie haben sich die Werte der österreichischen Gesellschaft in den vergangenen eineinhalb Jahren verändert?
Antworten auf diese Fragen liefert das Ideale-Barometer. Bei der Studie des Instituts für empirische Sozialforschung im Auftrag von Pick & Barth wurden 1001 Personen in Österreich befragt.
Deutlich zeigt sich dabei, dass Werte wie persönliche Freiheit und Selbstbestimmung durch Pandemie weniger wichtig geworden sind. Während persönliche Freiheit 2019 noch für 63 Prozent der Österreicher „äußerst wichtig“ war, sind es jetzt nur mehr 53 Prozent.
Werte-Rangordnung
Das Paradoxe: Die Österreicher wollen zwar mehr Eigenverantwortung, sind aber gleichzeitig mit einer Einschränkung der Freiheitsrechte zum Schutz der Gesundheit einverstanden. Wenn es darum geht, stimmt fast jeder Zweite der Aussage (sehr) zu, dass es in Ordnung sei, die Freiheitsrechte des Einzelnen einzuschränken.
Die persönliche Freiheit bleibt aber trotz alledem auf Platz zwei der wichtigsten Werte. Noch wichtiger ist den Österreichern nur ein respektvoller Umgang miteinander (für sechs von zehn äußerst wichtig).
Auffallend stark verändert hat sich in den letzten Jahren die Zahl der Menschen, die sich nicht selbstbestimmt fühlen: 17 Prozent der Befragten geben an, (eher) keinen Einfluss darauf zu haben, was mit ihnen geschieht. 2018 waren es nur jeder Zehnte. Ebenso sagen mehr Menschen (57 Prozent), dass jeder Bürger mehr Verantwortung für sich übernehmen sollte. 2018 waren es noch 51 Prozent.
Werte hängen stark vom Einkommen ab
Die Studie macht aber noch eines deutlich: Werte sind stark vom Einkommen bzw. den finanziellen Ressourcen abhängig.
Denn wie optimistisch Menschen in Bezug auf Demokratie, Gerechtigkeit und die Entwicklung Österreichs sind, kommt stark auf ihr Einkommen an. Auch persönliches Engagement ist eine Frage von Ressourcen
Ob Menschen etwa für eine gerechtere Gesellschaft oder den Klimaschutz aktiv werden, hängt von Einkommen und Bildungsgrad ab. „Geht es darum, eine Partei zu wählen, aktiv in einem Verein mitzuarbeiten oder Geld zu spenden, liegen jene mit höherem Einkommen und höherem Bildungsgrad voran. Anders verhält es sich mit der Bereitschaft, Inhalte in den sozialen Medien zu teilen oder Petitionen zu unterschreiben. Hier gleichen sich die Unterschiede wieder etwas aus“, sagt Eva Zeglovits, IFES-Geschäftsführerin.
Trotz oder gerade wegen der Pandemie wird die österreichische Gesellschaft immer fragmentierter - das zeige sich quer durch Themenbereiche.
Generell hat sich die Solidarität mit Zuwanderern und Arbeitslosen verringert.
Misstrauen in Wohlfahrtstaat und Demokratie
Je geringer das Einkommen, umso ungerechter bewerten Menschen Österreich und umso weniger vertrauen sie in den Wohlfahrtsstaat und die Demokratie. „Für uns als Gesellschaft bedeutet das, dass wir uns dringend überlegen müssen, wie wir diesen Spaltungstendenzen etwas entgegensetzen und alle Bevölkerungsgruppen gut erreichen können“, sagt Yussi Pick, Managing Partner von Pick & Barth.
Detaillierte Ergebnisse präsentieren Zeglovits und Pick bei der IDEALE-Konferenz am Donnerstag, den 30. September im Reaktor in Wien.