Politik/Inland

Deutschland hart an der Grenze: Salzburg droht mit Sperren

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer kündigte Polizeikontrollen an allen Grenzen seines Landes an. Bisher geht die deutsche Bundespolizei mit derartigen Kontrollen nur an einer Grenze gegen illegale Einreisen vor - jener zu Österreich.

Innenminister Seehofer, früher auch Chef der bayerischen CSU, wählte für sein Versprechen einer härteren Gangart wohl nicht zufällig die reichweitenstarke Bild Zeitung. Seitdem der eigentlich schon abgeschobene Clan-Chef Ibrahim Miri nach Deutschland zurückgekehrt ist und in Bremen einen Asylantrag gestellt hat, steht die Bundesregierung unter Druck.

Seehofer betonte, dass dank der schärferen Maßnahmen jene Einreisende, bei denen eine Wiedereinreisesperre für Deutschland festgestellt wird, künftig an der Grenze zurückgewiesen werden. Und: Der Minister will rechtliche Änderungen, damit Personen mit einer Wiedereinreisesperre, die trotzdem zurückgekommen sind, während des gesamten Gerichtsverfahrens in Haft bleiben.

Auswirkungen auf Österreich?

In einer schriftlichen Antwort an den KURIER schreibt das deutsche Innenministerium, dass Kontrollen der Bundespolizei "in ihrer Schwerpunktsetzung künftig häufiger auch unmittelbar an den Grenzen erfolgen" werden. Was Seehofers Ankündigung konkret für die deutschen Grenzkontrollen zu Österreich bedeutet, ist vorläufig unklar.

Anzunehmen ist allerdings, dass Seehofer eher nicht noch schärfere Kontrollen im deutsch-österreichischen Grenzgebiet meint, sondern solche Kontrollen vielmehr auch an anderen deutschen Grenzen, etwa zu Polen und Tschechien, will. "Wir sind nach unserer Lagebeurteilung auf den Nebenstrecken schon jetzt zeitlich und örtlich flexibel und sehr unberechenbar im Einsatz", heißt es etwa aus der Bundespolizeiinspektion Rosenheim mit Blick auf die Grenze zu Österreich

Drei feste Kontrollstellen

Deutschland hat nach der Flüchtlingskrise 2015 Kontrollen an der Schengen-Binnengrenze zu Österreich wieder aufgenommen. Derzeit sind zwischen Deutschland und Österreich drei feste Grenzkontrollstellen: bei Passau, bei Salzburg und bei Kiefersfelden. Dort wird jeden Tag 24 Stunden kontrolliert. Weiters sind mobile Grenzkontrollen jederzeit an allen anderen Grenzübergängen möglich. Die Kontrollen im Schengen-Raum sind explizite Ausnahmen und müssen bei Verlängerung von der EU-Kommission genehmigt werden.

Ein Ende ist derzeit für Mai 2020 vereinbart.

Wer trotz bestehender Einreisesperre über die Grenze will, wird sofort abgewiesen. Illegale Einreise ist mit bis zu drei Jahren Haftstrafe belegt.

Rund 25 Aufgriffe täglich

Im ersten Halbjahr 2019 wurden von der Polizei 4.730 illegale Grenzübertritte aufgezeichnet (im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 5.350). In zwei Dritteln der Fälle wurden die Menschen in einem Pkw oder Bus aufgegriffen.

Salzburg droht mit Sperren

Aus Österreich kommen trotzdem schon Warnrufe in Richtung Deutschland. Sollten auf der Autobahn A1 beim Grenzübergang Walserberg und kleinen Übergängen strengere Kontrollen kommen, werde sich das Land Salzburg mit Maßnahmen gegen Stau- und Mautvermeider sowie gegen Transitreisende wehren, sagte Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP) im ORF. Er wolle dann die Sperren bei den Abfahrten entlang der Tauernautobahn A10 auch im Winter in Kraft setzen.

Aus dem Büro des Tiroler Landeshauptmanns Günter Platter hieß es auf KURIER-Anfrage einmal mehr, Deutschland solle mit den Grenzkontrollen, die kilometerlange Staus produzieren, überhaupt aufhören. Die anlassbezogenen Brenner-Kontrollen, wo Italiener, Deutsche und Österreicher zusammenarbeiten, seien gegen illegale Migration weit effizienter. 

Gerade Bayern wäre "gut beraten, sich nicht über die Blockabfertigungen an gut 30 Tagen zu beklagen, wenn sich Tirol im Gegenzug an 365 Tagen im Jahr mit Grenzkontrollen und Staus konfrontiert sieht, welche die Verkehrsflüssigkeit und Verkehrssicherheit in Tirol stark beeinflussen und einen massiven Ausweichverkehr auf das niederrangige Straßennetz im Großraum Kufstein zur Folge haben", sagte Platter schon im September.

Seehofer setzt Signal

Seehofer versucht als Innenminister offenbar, einen Mittelweg zwischen den Wünschen der CSU-Hardliner und der gemäßigteren Position von Schwesterpartei CDU und Koalitionspartner SPD zu finden.

Noch im Sommer 2018 stand die Koalition kurz vor dem Bruch, weil Seehofer Flüchtlinge, die bereits in einem anderen EU-Land registriert worden waren, an der deutschen Grenze zurückweisen wollte. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) widersprach. Vor wenigen Wochen wiederum ließ Seehofer aufhorchen, weil er mit seinen Amtskollegen aus Frankreich, Italien und Malta vereinbarte, dass gerettete Bootsflüchtlinge künftig automatisch auf willige Länder verteilt werden sollen - dies soll die oft tagelangen, zähen Diskussionen über die Aufnahme von Geretteten beenden, wenn Rettungsschiffe in Europa einlaufen.

Nach dem Fall Miri will Seehofer nun, auch unter dem Eindruck der Berichterstattung, offensichtlich wieder Härte demonstrieren. Die Botschaft: Wir nützen alle rechtlichen Möglichkeiten, bevor jemand trotz einer Wiedereinreisesperre zurück nach Deutschland kommt.