Bildungsminister und Handel sind nach ORF-"Sommergespräch" erzürnt über Neos-Chefin
Mehr als eine halbe Million Zuseher lockte der Auftritt von Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger bei den ORF-„Sommergesprächen“ am Montagabend vor die Fernseher.
Nicht alle zeigten sich tags darauf begeistert – zumindest Teile des politischen Mitbewerbs dürften sich geärgert haben. Allen voran die ÖVP, die sich einmal mehr über die Aussagen der Neos zur Bildungspolitik echauffierten.
Zur Erinnerung: In den vergangenen Wochen ist ein Streit zwischen den Türkisen und den Pinken entbrannt, wer die Schuld an den teils prekären Verhältnissen an Wiens Schulen trage.
Meinl-Reisinger unterstrich im Interview die Aussagen des ebenfalls pinken Wiener Bildungsstadtrats Christoph Wiederkehr. Beim Lehrermangel sei der Bund in der Pflicht, ebenso bei der längst überfälligen Bildungsreform. Beim Thema Deutschförderung passiere unglaublich viel – zumindest von Wiener Seite.
"Ressourcen um 30 Prozent aufgestockt"
„Die Aussagen verkennen die Faktenlage völlig“, zeigte sich Bildungsminister Martin Polaschek erzürnt. So würden für jede Schulkasse zwei volle Lehrerplanstellen vom Bund finanziert. Außerdem habe man die Ressourcen für die Deutschförderung um 30 Prozent auf 40 Millionen Euro aufgestockt, „um alle Schülerinnen und Schüler in unserem Land bestmöglich zu unterstützen“.
Flankiert wurde das durch Aussendungen von ÖVP-Bildungssprecher Rudolf Taschner und Stadtparteichef Karl Mahrer, die Meinl-Reisinger Realitätsferne attestierten – und daran erinnerten, dass die Neos 2018 selbst gegen die Deutschförderklassen gestimmt hätten. Damals sprachen sich Bildungswissenschafter allerdings gegen solche Klassen aus, weil sie Segregation fördern würden.
Mittlerweile haben sich die Vorzeichen in Wien aber verändert – unter anderem wegen des Familienzuzugs, durch den Tausende Kinder ohne Deutschkenntnisse an den Schulen landen werden. Dass es Lösungen braucht, wird mittlerweile von allen Parteien vertreten.
Im Wiederkehr-Büro fordert man inzwischen mehr als nur Geld vom Bund, etwa verpflichtende Sommerdeutschkurse für Schüler mit Sprachdefiziten und die Möglichkeit von Verwaltungsstrafen für Eltern, die beispielsweise nicht an Sprechtagen teilnehmen. Dafür brauche es allerdings Bundesgesetze.
„Haltlose Aussagen“
Der Handelsverband reagierte am Dienstag mit einem „Faktencheck“ auf Aussagen im Sommergespräch. So sei es falsch, dass sich der heimische Handel mit der Inflation ein „Körberlgeld“ verdient habe bzw. Nutznießer gewesen sei.
Verwiesen wird auf den Abschlussbericht der Bundeswettbewerbsbehörde, wonach die Gewinnmargen im Zeitraum 2021 bis zum 2. Halbjahr 2023 nicht erhöht gewesen seien.
Falsch sei auch, dass der Handel Hauptverursacher der Bodenversiegelung sei. Nur 0,25 Prozent der Flächeninanspruchnahme fielen auf Lebensmittel- und Drogeriewarenhandel. Auf „handelsfremde Betriebsflächen“ fielen indes 11 Prozent.
„Über Geschmack kann man streiten, über Fakten nicht“, sagt Handelssprecher Rainer Will. „Wir hoffen, dass diese Fakten bei den Fragestellungen der weiteren Sommergespräche berücksichtigt werden und wir endlich von den suggerierten, haltlosen Aussagen gegen den Lebensmittelhandel wegkommen.“