Politik/Inland

Koalition mit den Neos? Meinl-Reisinger: "Wir sind bereit"

Kurz nach 17 Uhr scheinen die ersten Prognosen der Nationalratswahl 2024 am Bildschirm auf und noch bevor sich der pinke Balken für die Neos bewegt, spürt man den Schock angesichts der enormen freiheitlichen Führung.

Erster Schock, dann doch Jubel bei den Neos

Und dann, natürlich, Jubel beim Ergebnis für die Neos. 8,8 Prozent, ein Plus von 0,8 Prozentpunkten im Vergleich zur Wahl 2019. Wenig später kletterte die Zahl auf 9,1 Prozent hinauf.

Gut ist das Ergebnis auch für Pink nicht. Generalsekretär Douglas Hoyos erinnert am Wahlabend aber daran, dass man ein Rekordergebnis erzielt habe. 

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"Historisch bestes Ergebnis der Neos"

Hoyos: "Ich habe immer gesagt, alles über neun Prozent finde ich super. Es sind derzeit neun Prozent. Und vielleicht tut sich noch ein bisschen was. Es ist jetzt schon das historisch beste Ergebnis der Neos." 

Und wie sieht er die 29 Prozent für FPÖ? "Das ist ein ganz klares Zeichen, dass es nicht so weitergehen kann wie bisher. Es braucht eine Veränderung.“ Stehen die Neos bereit für eine Koalition mit Türkis und Rot? "Wir haben immer gesagt: Nicht um jeden Preis."

Rechenspiele nach erster Hochrechnung

Viel Stimmung kommt nach der Hochrechnung um 17 Uhr keine mehr auf. Die Neos hoffen es bleibt ihnen auch nichts anderes übrig. Immerhin: Sie liegen vor den Grünen, wenn auch nur knapp, Platz 4 statt Platz 5.

Schon bei der pinken Wahlkampfparty im MAK-Salonplafond folgten die Rechenspiele: Können die Neos die Königsmacher einer nächsten türkis-roten Regierung sein?

Neos nehmen Kanzler Nehammer in die Pflicht

Der stellvertertende pinke Klubchef Nikolaus Scherak erklärte am Wahlabend, dass die Bevölkerung gezeigt habe, dass sie kein "Weiter wie bisher" wolle. Er nehme Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) beim Wort, der sich gegen eine Koalition mit Herbert Kickl (FPÖ) ausgesprochen hat und forderte eine "Reformkoalition".

EU-Mandatar Helmut Brandstätter hält ein zweistelliges Ergebnis so wie bei der EU-Wahl im Juni noch für möglich. Die Neos seien bereit für eine Regierungsverantwortung. "Wenn Nehammer Wort hält, wird es Kickl nicht gelingen eine Regierung zu bilden, dann braucht es Neos für eine Regierungsmehrheit."

"Es gibt zwei Optionen, entweder Ibiza 2.0 oder eine Koalition unter Beteiligung der Neos", sagte mit Christoph Wiederkehr ein Pinker, der als Wiener Vizebürgermeister bereits in Regierungsverantwortung ist.

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Meinl-Reisinger zu Kickl: "Will Sie nicht in der Regierung"

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger wiederum meinte: "Ich freue mich sehr über unser Ergebnis." Das Wahlergebnis sieht sie als Auftrag: "Wir sind bereit."

Auch sagte Meinl-Reisinger in der anschließenden ORF-Gesprächsrunde der Spitzenkandidaten in Richtung FPÖ-Chef Kickl: "Ich will Sie nicht in der Regierung haben. Ich halte es einfach nicht gut für unser Land". Sie warnte auch vor der Stimmung, die gegenüber Journalisten und Journalistinnen unter der FPÖ herrsche.

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Die Wahlparty der Neos fand im Salonplafond im MAK am Wiener Stubenring statt. Das Lokal war in den Abendstunden bummvoll, mehr als 600 Gäste hatten sich angemeldet. Der KURIER berichtete von vor Ort.

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Neos hoffen auf Koalitionsbeteiligung

Schon nach allen Umfragen war klar, dass es nur eine Konstellation im Bund mit den Neos geben kann, wenn Türkis-Rot keine (stabile) Mehrheit hat, also nur knapp mehr als die zumindest 92 benötigten Mandate. 

Könnte die Stunde der Pinken vielleicht doch noch schlagen? Wenn Blau-Türkis nicht zustande kommt, könnten die Neos zum besagten Königsmacher aufsteigen. Allerdings gab es in Österreich noch nie eine Dreierkoalition, und die deutsche Ampel-Koalition macht nicht gerade Mut auf ein ähnliches Experiment. 

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Meinl-Reisinger einzige weibliche Spitzenkandidatin

Kandidatin Beate Mein-Reisinger, die einzige Frau an der Spitze einer Parlamentspartei, kann auf einen erfolgreichen Wahlkampf zurückblicken.

Einzig ihr Vorgänger und Neos-Grüner Matthias Strolz verhagelte ihr wenige Tage vor der Wahl die weiße Weste, als er ankündigte, aus der Partei auszutreten. 

Strolz gab an, dennoch für die Pinken stimmen zu wollen. Seine Gefühle zum Wahlergebnis machte er am Sonntag via Twitter deutlich: 

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Meinl-Reisinger ist an der Spitze der Partei unumstritten. Die dreifache Mutter, Jahrgang 1978, hat das Profil der Neos in den vergangenen Jahren gestärkt, die Wähler wissen, wofür die Pinken stehen - einfach gesagt für ein liberales Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht. 

Pinke Bildungsministerin nach NR-Wahl?

Sollten Koalitionsverhandlungen mit den Neos möglich werden, hat Mein-Reisinger bereits Interesse am Job der Finanzministerin oder der Bildungsministerin angemeldet. Im Wahlkampf haben sich die Pinken als "mutige Reformkraft" präsentiert, das "Reformversprechen ist und bleibt die beste Bildung für alle Kinder, Steuersenkungen auf 40 % und eine Politik, die 100 % transparent ist". 

Sie wollen 20.000 zusätzliche Pädagoginnen und Pädagogen, eine Flexibilisierung des Pensionsantrittsalters ab 62 Jahren, die Stärkung der privaten Vorsorge und "10 % mehr Netto auf dem Konto durch echte Entlastung und keine faulen Kompromisse".

Meinl-Reisinger war die einzige Spitzenpolitikerin, die klar sagte, dass es ohne ein Sparpaket nicht gehen wird und dass das Pensionssystem zur langfristigen Konsolidierung angegangen werden müsse.

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Höhere Wahlbeteiligung als im Vorjahr

Die gewisse Ehrlichkeit schätzen die Wähler durchaus, übermäßig belohnt wurde diese am Wahltag aber nicht. Die Neos blieben für viele Bürgerinnen und Bürger wählbar – aber eben oft nicht die erste Wahl. 

Bei der Wahl 2019 erreichten die Pinken 8,1 Prozent der Stimmen, knapp 390.000 Wähler, bei er Wahlbeteiligung von 75,6 Prozent. 

Die Wahlbeteiligung ist heuer insgesamt gestiegen. Nach den ersten Hochrechnungen inklusive Wahlbeteiligung sind 78,5 Prozent der Wahlberechtigten zu den Urnen gegangen. Die Schwankungsbreite betrug bei einem Auszählungsgrad von über 50 Prozent plus/minus 1,4 Prozentpunkte.