Mückstein in ZiB2: Keine Beugehaft und wenig Antworten
Von Josef Siffert
"Ein Interview ist für mich eine Liebesgeschichte, ein Kampf, ein Koitus." So formulierte es die italienische Journalistin und Schriftstellerin Oriana Fallaci, wenngleich Henry Kissinger ein Interview mit Fallaci einmal als "das katastrophalste Gespräch, das ich je mit einem Mitglied der Presse hatte" bezeichnete.
Gestern jedenfalls war Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein zu Gast bei Armin Wolf in der ZiB2. Als Zuseher erwartete man jetzt nicht unbedingt eine Liebesgeschichte der Protagonisten; aber der Gesundheitsminister in einer der herausforderndsten Zeiten bei einem routinierten Interviewer: Das versprach Erkenntnisgewinn, wo doch morgen, Mittwoch, über weitere Lockerungsschritte aus dem Lockdown heraus beraten wird und bis Ende der Woche der Entwurf zur Impfpflicht präsentiert werden soll. Es sollte ein Kampf werden.
Impfpflicht für Schwangere und Kinder? Keine Antwort
Aufschlag Armin Wolf: Das Nationale Impfgremium hat die Impfung für Kinder ab fünf Jahren empfohlen und für Schwangere auch. Dennoch sind beide Gruppen im Gesetzesentwurf von der Impfpflicht ausgenommen. Warum, wollte Wolf wissen.
Mückstein retourniert mit einem Stehsatz, in Politiker-Interviews ja keine Seltenheit, auch als Zuseher ist man mittlerweile daran gewöhnt: "Wir haben einen sehr breiten Dialog gestartet mit Expertinnen und Experten - letzte Woche. Wir haben bereits am Montag Gespräche geführt, wir haben mit den Pensionisten- und Jugendvertretern geredet. Wir haben mit den Kirchen- und Religionsgemeinschaften geredet. Wir haben natürlich auch mit medizinischen Experten und mit Experten aus der Pflege gesprochen."
Denn bei einem "einscheidenden Schritt" wie der Impfpflicht sei ein "breiter gesellschaftlicher Konsens" wichtig. Die Gespräche würden auch diese Woche noch weitergehen, so Mückstein. Der Entwurf zur Impfpflicht soll ja diese Woche vorgelegt werden.
Der ZiB-Anchorman, gewohnt und geübt darin, dass Politiker seinen Fragen ausweichen und lieber Stehsatz-Ping-Pong spielen wollen, versucht es erneut: "Warum sind Kinder und Schwangere von der Impfpflicht ausgenommen?" Mücksteins Antwort dreht sich wieder um stattfindende Gespräche. Am Donnerstag oder Freitag werde, wie angekündigt, der Entwurf präsentiert, so der Gesundheitsminister.
Wolf formuliert um: "Heißt: Es ist noch nicht sicher, dass Kinder und Schwangere ausgeschlossen sind?" Mückstein formuliert weniger um und verweist auf den "breiten Dialog". "Die Impfpflicht ist glaub ich die einzige Möglichkeit, wie wir es schaffen, mittelfristig aus der Pandemie zu kommen."
Der Moderator fällt Mückstein ins Wort: "Herr Mückstein, ich unterbreche Sie ungern, aber Sie antworten sehr ausführlich auf eine Frage, die ich nicht gestellt habe" und will erneut wissen, wie es denn um Schwangere und Kinder bestellt sei. Mückstein setzt weiter auf seine Taktik und verweist auf einen breiten Dialog. Wolf unterbricht erneut, wiederholt seine Frage, Mückstein packt den breiten Prozess wieder aus. Interview Ping-Pong.
Themenwechsel: "Gilt am Arbeitsplatz 3-G wie bisher oder gilt dann 2-G", will Wolf wissen. Mückstein hat eine Antwort parat - und als Zuhörer konnte man es erahnen: Sie hatte mit "breiter Dialog" zu tun. "Die Details werden noch finalisiert." Wolf fragt erneut, Mückstein antwortet gleich.
Wolf resigniert: "Ich brauch Sie zum Gesetz eigetlich nix mehr fragen, weil: Es steht noch nix fest." Mückstein knapp: "Die Gespräche laufen."
Keine Beugehaft
Dann wird es tatsächlich noch konkret - aus dem Stehsatz-Hin-und-Her ein Interview: Der ZiB-Moderator fragt nach der Beugehaft. Hintergrund: Die FPÖ wetterte in einer Aussendung von Dienstag, dass die Regierung den Österreichern "verschweige", "dass sie sich klammheimlich im Verfassungsausschuss vergangene Woche die Möglichkeit der Verhängung einer Beugehaft für Menschen, welche die vorgeschriebenen Covid 19-Impfungen verweigern, verschafft hat. ÖVP und Grüne koppeln also über einen perfiden Winkelzug den Impfzwang mit Beugehaft." Mückstein: "Es wird keine Beugehaft geben für Menschen, die sich nicht impfen lassen."
Abschließend wird der grüne Gesundheitsminister noch zum Ende des Lockdowns befragt. Man hätte sich politisch auf zweimal zehn Tage Lockdown verständigt, so Mückstein. Einmal einen allgemeinen Lockdown, der bis 11. Dezember gehen wird. "Ab 12. wird der Lockdown für ungeimpfte Menschen in Österreich weitergehen." Welche Regeln in welchen Bundesländern gelten, sei Teil von laufenden Gesprächen. Diesen wollte Mückstein nicht vorgreifen, entschieden werde am Mittwoch.
Dass es nach Weihnachten keinen neuen generellen Lockdown mehr geben werde, wollte Mückstein nicht garantieren: "Ich werde in einer Pandemie gar nichts garantieren." Es gebe nun eine neue Variante und bei der seien noch viel Fragen offen. "Hier ist es wichtig die Experten zu hören." Denn Sie wissen schon: breiter Dialog und so.