Mitterlehner im KURIER-Talk: "Kurz ist ein Rechtspopulist"
"Ich habe meinen Mitgliedsbeitrag schon bezahlt", lässt Reinhold Mitterlehner im Gespräch mit KURIER-Herausgeber Helmut Brandstätter keinen Zweifel an seiner Loyalität zur ÖVP. Er werde auch die ÖVP bei den EU-Wahlen wählen, "da sind ja sehr gute Kandidaten".
Doch dann kommt schon deutliche Kritik an Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz: "Ich hätte mir erwartet, dass man Othmar Karas gegen den FPÖ-Vorwurf des Zentralismus verteidigt."
Der frühere Vizekanzler und ÖVP-Chef Mitterlehner kritisiert Kurz nicht nur wegen dessen "Machtergreifung", er beschäftigt sich auch inhaltlich mit der aktuellen Politik. Und da kommt er zu dem Schluss, dass Kurz, wenn man es zuspitzt, "ein Rechtspopulist" sei. Das ließe sich an mehreren Fakten nachweisen, etwa an dessen Wortmeldungen zur Flüchtlingspolitik, aber auch an dessen Methoden im Umgang mit den Medien, auch dem ORF.
Im Buch "Haltung" geht Mitterlehner im Detail auf den erzwungenen Wechsel zu Sebastian Kurz als ÖVP-Chef ein: "Es ging nie um Inhalte oder Programme, sondern um Machtergreifung." Kurz habe schon beim Rücktritt von Michael Spindelegger im August 2014 an die ÖVP-Spitze gewollt. "Aber als dann Kern Bundeskanzler wurde, hat man gegen mich gearbeitet, damit Kern keinen Erfolg hat."
Als Mitterlehner mit Kern Anfang 2017 ein neues Regierungsprogramm erarbeitet hat, "da hat in der ÖVP die heutige Gruppe kein Interesse mehr gehabt, dass das auch umgesetzt wird. Hätten wir Erfolg gehabt, dann hätte Kurz nicht mehr argumentieren können, dass man einen Wechsel braucht."
Konkret beschuldigt Mitterlehner Kurz und den damaligen Innenminister Wolfgang Sobotka, sie wollten, dass er die Koalition mit der SPÖ sprenge. "Hätte ich Sobotka aus der Regierung geworfen, hätte ich mich möglicherweise durchgesetzt, aber dann wäre die Partei gespalten gewesen. Ich wollte die Einheit der Partei nicht gefährden."