Bauernbund: „Mir scheinen die drohenden Maßnahmen nicht umsetzbar“
Von Bernhard Gaul
Georg Strasser, Präsident des ÖVP-Bauernbundes, zur Kritik der 6.000 Wissenschafter an der Position der EVP-Bauern.
KURIER: Herr Strasser, warum ist das Renaturierungsgesetz für Sie ein schlechtes Gesetz der EU?
Georg Strasser: Wir bekennen uns klar zum Klimaschutz. Mit unserer Kritik an diesem Gesetz sind wir als Bauernbund aber nicht alleine, auch die Bundesländer warnen davor. Wenn das kommt, werden unsere Regionen an die Grenzen stoßen, deswegen lehnen wir es ab.
Aber das ist doch ein Argument für das Gesetz, dass wir an die Grenzen stoßen.
Genau, aber nicht so. Oft habe ich den Eindruck, dass die EU-Kommission Projekte macht, wo die eine Hand nicht weiß, was die andere tut. Im Detail droht zum Beispiel, dass Hochwasserschutzanlagen zurückgebaut werden müssen. Das ist auch ein Sicherheitsthema für die Bevölkerung. Es droht auch, dass Wasserkraftwerke zurückgebaut werden oder der Schutzwald verschwindet.
Das ist mir neu, ich weiß aber, dass 6.000 Wissenschaftler das Gesetz als vernünftig und klug unterstützen und wir die Biodiversitätskrise ernst nehmen sollen.
Genau. Gleichzeitig passt es da nicht zusammen, den Hochwasserschutz und Wasserkraftwerke rückzubauen.
Anders gefragt: 6.000 Wissenschaftler, der Biodiversitätsforscher Essl ist einer davon, unterstützen das Gesetz. Welche Wissenschafter untermauern Ihre Position?
Auch die Bundesländer beschäftigen Experten, auf die wir uns beziehen müssen. Manche Wissenschaftler befürworten das Zahlenkorsett, das in Brüssel entworfen wird. Aber man macht sich oft zu wenig Gedanken, wie man das umsetzen soll. Ich würde der EU-Kommission raten, zuerst zu überlegen, wie der Weg hin zu den Zielen aussehen soll, und sich dann auf ein Zahlenkorsett zu einigen. Alleine die Folgenabschätzungen der EU zeigen, dass die eigenen Vorschläge die Selbstversorgung mit Lebensmitteln stark beeinträchtigen würden.
Die Wissenschaftler gehen in ihrem offenen Brief gleich als erstes auf dieses Argument ein, dass die Lebensmittelsicherheit gefährdet sei und schreiben, dass die größte Gefahr für die Lebensmittelsicherheit die Klimakrise, das Artensterben und der Verlust an Ökosystemen ist, und nicht das Renaturierungsgesetz.
Ja, das ist ein wesentliches Argument. Deshalb haben wir für die Biodiversität in Österreich ein Umweltprogramm, wo über 80 Prozent der Bäuerinnen und Bauern mitmachen, 25 Prozent sind Biobetriebe. Mir scheinen aber die drohenden Maßnahmen nicht umsetzbar, wenn die Funktion des Schutzwaldes oder des Hochwasserschutzes zerstört wird.