Politik/Inland

"Ich bin erleichtert": So reagiert die SPÖ auf Doskozils Kandidatur

Jetzt steht es fest: Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil will SPÖ-Parteichef werden. Nach jahrelangen Querschüssen gegen die aktuelle SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner will er diese nun ersetzen. Das gab er am Dienstag per Brief bekannt, am Mittwoch tagen die SPÖ-Gremien.

Doskozil schreibt an Präsidium und Vorstand: "Ich habe mich (...) entschlossen, mich (...) für den Parteivorsitz der SPÖ zu bewerben." Doskozil verlangt zur Entscheidung einen Mitgliederentscheid, während sie Rendi-Wagner für einen Sonderparteitag ausspricht.

Ludwig: "Schnelle Entscheidung"

Wir reagieren die Genossen auf Doskozils Vorstoß?

Die ersten Stimmen kommen am Dienstag aus der Wiener Landespartei.

Bürgermeister Michael Ludwig wurde bei einer Pressekonferenz in Frauenkirchen Dienstagabend von den Genossen mit Applaus begrüßt, als er zu seinem Statement den Sitzungssaal betrat. "Wir befinden uns in einer sehr spannenden Klubtagung. Aber ich befürchte, dass wegen aktueller personeller Diskussionen die Inhalte nicht den Stellenwert bekommen, den sie verdient hätten", sagte Ludwig. Und: "Ich bin erleichtert, dass Doskozil sich entschlossen hat." Das biete nun die Möglichkeit, eine Entscheidung herbeizuführen.

Er sprach sich nicht direkt gegen oder für eine Mitgliederbefragung aus - sondern verwies auf die morgigen Parteigremien. Eine ausdrückliche Unterstützung für die Parteichefin oder ihren Herausforderer gab es zumindest in dieser kurzen Rede ebenfalls nicht.

In den Gremien werde er "stark darauf drängen, dass wir schnell zu einer Entscheidung kommen", so Ludwig. "Wir agieren nicht im luftleeren Raum, die Bevölkerung braucht die Sozialdemokratie so dringend wie lange nicht."

"Müssen uns nicht hetzen lassen"

Oberösterreichs SPÖ-Chef Michael Lindner, der selbst via Mitgliederentscheid gewählt wurde, sprach sich in der ZiB2 für einen Mitgliederentscheid mit anschließendem Parteitag aus. "Uns allen ist der Ernst der Lage bewusst. Wir sind, wenn wir uns die Regierungsperiode anschauen, in der 70. Minute eines Fußballspiels", so Lindner. Auf eine Personalie - Doskozil oder Rendi-Wagner - wollte er sich nicht festlegen. Rendi-Wagner schätze er als Politikerin sehr, sie habe Hartnäckigkeit und Mut bewiesen. Er schätze aber auch die offensive Landespolitik Doskozils. Für ihn stehe im Vordergrund, die Entscheidungsfragen grundlegend zu klären. Die spiele die eine oder andere Woche keine Rolle: "Da müssen wir uns absolut nicht hetzen lassen."

"Alles andere wäre ein Witz"

Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) meinte zur Kandidatur: "Überraschend kommt sie nicht. Alles andere wäre ein Witz gewesen, nach dem ,Kelch', den wir jetzt hatten." Ob sich der Landeshauptmann gegen Parteichefin Rendi-Wagner durchsetzen könne, darüber wolle er keine Prognose abgeben. Überrascht bis ernüchtert zeigte sich die Wiener Vizebürgermeisterin Kathrin Gaal: "Es ist ein demokratisches Mittel, das er wählen kann. Was soll ich mehr dazu sagen?"

Dass Doskozil eine Entscheidung treffen werde, sei zu erwarten gewesen, kommentierte Kärntens SPÖ-Vorsitzender Peter Kaiser auf APA-Anfrage die Bewerbung seines burgenländischen Parteikollegen. Wie er dazu oder zur Idee einer Mitgliederbefragung steht, wollte Kaiser aber nicht bekanntgeben: "Das ist nun in den Parteigremien zu diskutieren." Das seien interne Diskussionen und denen wolle er nicht vorgreifen, indem er sie öffentlich kommentiert.

Egger: "Fokus auf Salzburg-Wahl"

Der steirische SPÖ-Vorsitzende und LHStv. Anton Lang gab sich am Dienstagnachmittag ebenfalls bedeckt. Diese Angelegenheiten seien intern zu behandeln. Auch zu einer eventuellen Mitgliederbefragung war nichts in Erfahrung zu bringen. Aus der Tiroler Landespartei hieß es ebenfalls, dass man sich vorläufig nicht zur neuesten Entwicklung äußern wolle.

Zuvor hatte sich der Salzburger SPÖ-Chef David Egger gegenüber der Presse offen für eine Mitgliederbefragung gezeigt. Nach dem Bekunden Doskozils meinte Egger gegenüber der APA, angesichts der bevorstehenden Landtagswahl am 23. April wolle er sich nicht an einer Personaldebatte beteiligen. Der Fokus müsse jetzt klar auf der Salzburg-Wahl liegen. "Es ist offenbar noch nicht überall in der Partei angekommen, dass wir eine Landtagswahl haben. Den Respekt davor werde ich morgen auch in Wien einfordern."

Schnabl: "Keine Revolution"

Auch der niederösterreichische SPÖ-Klubobmann Hannes Weninger hatte sich zuvor gegenüber noe.orf.at für eine Mitgliederbefragung ausgesprochen. Sie könne ein "Zeichen an die Zigtausenden Mitglieder sein, dass sie mit eingebunden sind. Dann wird es wahrscheinlich leichter fallen, einen gemeinsamen Konsens mitzutragen", meinte er.

Auch Franz Schnabl, stellvertretender Bundesparteivorsitzender und Ex-Chef der SPÖ NÖ, sieht "eine Mitgliederbefragung als geeignetes Instrument, um zu einer Entscheidung zu kommen, für die ein breiter Konsens besteht", wie er via Aussendung mitteilte. "Das soll nicht als Revolution verstanden werden – es ist ein Schritt in die richtige Richtung“, so Schnabel.

"Es ist kein Wunschkonzert"

Einer Mitgliederbefragung eher ablehnend gegenüber zeigte sich die Vorarlberger SPÖ-Vorsitzende Gabriele Sprickler-Falschlunger. Auf APA-Anfrage sagte sie, sie würde sich einen Sonderparteitag wünschen, aber: "Es ist kein Wunschkonzert." Das gelte für sie genauso wie für Doskozil, und sie werde die Entscheidung als Demokratin akzeptieren. Persönlich halte sie eine Mitgliederbefragung in der jetzigen Situation für "unmöglich". Zum Antreten Doskozils an sich wollte sie sich vorerst nicht äußern. Er solle sich der Abstimmung stellen, egal in welcher Form. Es galte abzuwarten, was dabei herauskomme.

Wie läuft ein Mitgliederentscheid ab?

Laut SPÖ-Organisationsstatut muss ein Mitgliederentscheid durchgeführt werden, wenn es zumindest zehn Prozent aller Mitglieder auf Bundesebene verlangen. Das Ergebnis ist verbindlich, wenn die Mehrheit der Abstimmenden zugestimmt hat und sich 20 Prozent aller SPÖ-Mitglieder daran beteiligt haben.

Beschlüsse, die nach dem Organisationsstatut von anderen Gremien oder Organen zu fassen sind, können nicht Thema eines Mitgliederentscheids sein. Ein Problem für Doskozil könnte also dadurch entstehen, dass in Paragraf 47 festgelegt ist, dass ein Parteitag über die Wahl des Bundesparteivorsitzenden entscheidet.

Neben den zehn Prozent der SPÖ-Mitglieder auf Bundesebene ist auch Bedingung, dass aus wenigstens drei Landesorganisationen jeweils zumindest 25 Prozent "der insgesamt für die Einsetzung eines Mitgliederentscheides erforderlichen Mitglieder" dies fordern, gibt das Organisationsstatut vor. Der Mitgliederentscheid muss innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, ab dem er verlangt wurde, beginnen. Der Bundesparteivorstand beschließt die Verfahrensrichtlinien und setzt den Zeitraum zur Abhaltung des Entscheides fest.

Der Mitgliederentscheid grenzt sich von der Mitgliederbefragung ab. Diese kann durchgeführt werden, wenn das vom Parteivorstand des jeweiligen Organisationsbereiches - also etwa Landes- oder Bundesorganisation - beschlossen wird. Im Gegensatz zum Mitgliederentscheid sind die Ergebnisse einer Mitgliederbefragung nicht verbindlich, auch sind nicht zehn, sondern nur fünf Prozent der SPÖ-Mitglieder für deren Einsetzung notwendig.