"Let’s get ready for Europe": ÖVP-Aschermittwoch ohne derbe Witze
Von Daniela Kittner
Wenn die Volkspartei zum politischen Aschermittwoch lädt, spielt es sich etwas anders ab als in der dunstigen Atmosphäre der FPÖ. Die Einladung zur Veranstaltung nach Klagenfurt ähnelt eher einer Soirée als einem Bierfest. Die Redner sind auch nicht gerade für Schenkelklopfer-Witze bekannt: Eröffnungsredner ist EU-Parlamentarier Othmar Karas – „Gemeinsam gegen den nationalistischen Tunnelblick“ wird seine schärfste Aussage an diesem Abend sein.
Die Kärntner Landespolitiker langen dann doch etwas deftiger zu. Der Landesparteisekretär und Kurz-Vertraute Sebastian Schuschnig attestiert der Konkurrenz, „alte, grausige Politik“ zu machen. Der SPÖ hält Schuschnig „digitale Heckenschützen“ vor und der FPÖ, dass sie mit dem Öxit geliebäugelt habe.
Kärntens ÖVP-Chef Martin Gruber – im Land in Koalition mit der SPÖ – wirft der Bundes-SPÖ „Frontalopposition“ vor. Er fordert gar, den Bundesrat abzuschaffen, „weil die SPÖ aus der Länderkammer eine Parteikammer macht. So eine Länderkammer brauchen wir nicht“. Der Applaus ist verhalten.
Ehrengast Vitali Klitschko, der Bürgermeister von Kiew, erinnert an den steinigen Weg zur Demokratie in Osteuropa und an den Wert eines vereinten Europa. Er bedankt sich für die Solidarität Österreichs mit der Ukraine gegen die russische Aggression. „Man muss kämpfen für seine Werte“, sagt Klitschko und wünscht der ÖVP „viel Erfolg in diesem Kampf“. Das Publikum feiert Klitschko als „großen Europäer“.
Unterschied zur FPÖ
Weil EU-Wahlkampf ist, steht der dritte Aschermittwoch, den die ÖVP-Kärnten ausrichtet, im Zeichen Europas. „Let‘s get ready for Europe“ lautet das Motto. Pro-europäische Begeisterung ist die Grundstimmung im Saal.
Die Veranstaltungen in Ried und Klagenfurt machen die Unterschiede zwischen FPÖ und ÖVP deutlich – im Stil und in der Haltung zu Europa. Dennoch spart der Kanzler auch in Klagenfurt nicht mit Lob für die gemeinsame Koalition mit den Blauen. Kurz: „Wir haben seit dem letzten Aschermittwoch als Bundesregierung viel geschafft. Ich denke an das Nulldefizit, an die Reform der Mindestsicherung, an den Familienbonus oder zuletzt den Ethikunterricht.“
Bis zum nächsten Aschermittwoch werde „der Reformzug weiterfahren“, sagt Kurz. „Wir setzen auf die Digitalisierung als einen unserer Schwerpunkte.“ Österreich müsse hier aufschließen, Länder wie Südkorea, Singapur oder Israel seien diesbezüglich schon weiter.
Kurz spart auch nicht mit Lob für die Kärntner ÖVP – sie habe den Aschermittwoch binnen kurzem zu einer Institution für die Volkspartei gemacht.
Karfreitags-Protest
Ganz so glatt wie es das türkise Protokoll gerne hätte, ging der Kurz-Besuch in Klagenfurt dann doch nicht über die Bühne. Für dissonante Töne sorgten ausgerechnet Kirchenvertreter. Die evangelische Kirche protestiert gegen die Abschaffung des Karfreitag als ihren Feiertag. Sie wird von der katholischen Kirche Kärntens unterstützt.
Aber sogar der Protest ist in Klagenfurt anders – und ruhiger – als die von Gewerkschaften oder Donnerstagsdemonstranten organisierten Demos. Die Kirchenvertreter riefen zu einer Andacht auf, an der laut APA 500 Leute teilnahmen. Anschließend wollten die Demonstranten dem Kanzler eine Erklärung übergeben. Durchgelassen wurden zur Messe aber nur drei Geistliche, die dann einsam und allein vor der Halle standen – während drinnen die Kurz-Fans ihr Idol feierten.