Politik/Inland

Klassenfahrt-Feeling im Koalitionsbus

Vor zwei Jahren reihte sich bei der ersten Regierungsklausur von ÖVP/FPÖ im Schloss Seggau eine schwarze, hochmotorisierte Luxus-BMW-Limousine neben die andere. Hartwig Löger, der damalige ÖVP-Finanzminister, erkannte sein Auto nur, weil das Kennzeichen zufällig auch sein Geburtstagsdatum war – ansonsten wäre er in die falsche Limousine eingestiegen, erinnert er sich.

Szenenwechsel, zwei Jahre später: Neues Team, neues politisches Farbenspiel und „das Beste aus beiden Welten“ verlangt nach einer neuen Inszenierung der ersten Regierungsklausur von ÖVP und Grüne in Krems.

Die Limousinen der ÖVP-Minister blieben in Wien. Denn ab jetzt wird auf den ökologischen Fußabdruck geschaut. Also warten vor dem Bundeskanzleramt am Ballhausplatz drei Autobusse. Erinnerungen an die Anreise zum Schulskikurs kommen bei einigen Ministern auf. „In der letzten Reihe sind immer die lustigsten Schüler gesessen“, stellte die neue Verteidigungsministerin Klaudia Tanner fest und nahm prompt in der vorletzten Reihe Platz.

Kindheitserinnerungen

Selbst die – von Schwarz-blau nicht so gern gesehenen – Journalisten waren eingeladen, mit der Regierung im Bus nach Krems zu reisen. Der gelassen, lockere Umgang mit den Medien – auch so eine neue Attitüde der Koalition.

Vor der Abfahrt um 10.30 Uhr vor dem Bundeskanzleramt gab es nach der „Angelobung noch eine kleine Nachgelobung beim Bundespräsidenten“, erzählt Vizekanzler Werner Kogler. Nötig wurde die kurze Zeremonie, weil erst durch die Änderung des Bundesministeriengesetzes neue Kompetenzen den Ressorts zugeteilt wurden.

Bei der Busfahrt erfuhr man so allerhand von den Regierungsmitgliedern – allerdings wenig über politische Inhalte. Der neue Gesundheitsminister (Grüne) Rudi Anschober parlierte über seine Kindheit. Schon als Volksschulkind konnte er Traktor fahren und sammelte leidenschaftlich Regenwürmer. So Autobusfahrten lassen offenbar Kindheitserinnerungen wach werden. Kanzler Sebastian Kurz zog seinen Vize auf, dass seine Accessoires (Brille, Arbeitsmappe) nicht mehr ausschließlich in der Farbe Grün gehalten sind. Denn Kogler kam heute mit einer blauen Dokumentenmappe.

Abseits des seichten Small Talks ist spürbar: Nach 22 Tagen in der Regierung kommen die Grünen in ihren Rollen als Minister an. „Wenn man bedenkt, dass wir den Parlamentsklub und die Ministerbüros aufbauen mussten, haben wir uns gut geschlagen“, so die Bilanz von Ulrike Lunacek. Täglich bis nach Mitternacht gehen ihre Arbeitstage seit der Angelobung. „Aber ich beschwere mich nicht, sonst hätte ich es nicht machen dürfen.“

Viel Respekt zollen die Grünen ihrem Vizekanzler Werner Kogler. „Was er in den letzten acht Monaten geleistet hat , ist gigantisch“, so Anschober. Und erzählt weiter: Beim EU-Wahlkampf hatte Kogler kein Team, reiste alleine zu vielen Wahlkampfterminen an. Angesichts dessen versteht man, dass Kogler, der als Sportminister den Nachtslalom in Schladming absolvierte und dann um fünf Uhr Früh den Zug nach Wien zur "Nachgelobung" nehmen musste, sich vor allem mehr Schlaf wünscht.