Politik/Inland

Kindergartenplätze in Österreich: Große regionale Unterschiede trotz Fortschritten

Die Zahl der Kindergartenplätze in Österreich, die mit einem Vollzeitjob vereinbar sind, ist gestiegen. Knapp 60 Prozent sind es jetzt österreichweit. Doch ob Eltern davon auch wirklich profitieren, hängt nach wie vor vom Wohnort ab. 

Den stärksten Anstieg gab es laut dem Monitoring-Bericht der Statistik Austria in Vorarlberg und Niederösterreich. In Niederösterreich lag man etwa 2022 noch bei gerade einmal 26 Prozent Vollzeitplätzen für Drei-bis  Fünfjährige, mittlerweile sind es 52 Prozent.

Spitzenreiter bei den Kindergärten, die nicht nur täglich lange geöffnet haben, sondern auch nur wenige Schließtage in den Ferien haben, ist nach wie vor Wien. In der Bundeshauptstadt sind 90 Prozent der Kindergartenplätze Vollzeit-tauglich. 

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Einen negativen Trend, also ein Minus bei den Vollzeit-Plätzen, gab es im Vorjahr in der Steiermark. Hier ist der Anteil bei den Drei- bis Fünfjährigen auf 46 Prozent zurückgegangen.

Schlusslicht in der Statistik bleibt aber mit Abstand Oberösterreich, hier gibt es lediglich knapp 40 Prozent Vollzeit-Plätze. 

Im Ö1-Morgenjournal war dazu am Mittwoch Ines Stilling, Bereichsleiterin Soziales bei der Arbeiterkammer Wien, geladen. 

Expertin sieht noch "deutlich Luft nach oben"

Sie spricht grundsätzlich von einer "positiven Richtung" jedoch sei noch "deutlich Luft nach oben". Denn Wien verzerre die Statistik im positiven Sinne. "Damit Eltern wirklich Wahlfreiheit haben, um Beruf und Familie vereinbaren zu können, gibt es in allen Bundesländern noch viel zu tun", so die Expertin. 

Zum Anstieg der beiden Bundesländer Niederösterreich und Vorarlberg sagt Stilling: "Der politische Druck war in beiden Bundesländern mittlerweile so groß, dass es einfach nicht mehr ging, nur Halbtagsangebote anzubieten." 

In Niederösterreich würden beispielsweise zahlreiche Menschen leben, die täglich zum Arbeiten nach Wien pendeln und einfach kein Verständnis mehr hätten, warum der Kindergarten schon am frühen Nachmittag schließt, so die Expertin.

Unterschiede bei den Bundesländern

Angesprochen auf die Schlusslichter der Statistik (Oberösterreich, Kärnten und Steiermark) sagt Stilling: "Es fehlt ganz sicher auch das Personal. Da müssen massive Anstrengungen gesetzt werden. Sonst werden wir die Angebote auch anderswo nicht halten können." 

In Wien werde zum Beispiel mehr in die Ausbildung investiert, es gäbe eigene Ausbildungs- und Fortbildungsprogramme, um Menschen für den Beruf zu begeistern, die Interesse zeigen. Stilling: "Leider ist das in Österreich sehr zerstückelt, wir haben neun verschiedene Zuständigkeiten und damit auch neun verschiedene Strategien, wie damit umgegangen wird. Da würde ich den Herrn Bildungsminister bitten, Initiativen zu setzen."

Eine Frage des Budgets

Wie viel Budget es brauchen würde, um hier österreichweit Richtung 100 Prozent zu kommen, sagt Stilling: "Es braucht jedenfalls mehr als 4,5 Milliarden bis 2030. Wir gehen von mindestens 1 Milliarde pro Jahr aus. Jeder Euro ist aber richtig und wichtig, wenn er hier investiert wird." 

Laut der AK-Expertin würde sich aber jeder investierte Euro in die Kinderbildung "bis zu acht Mal rentieren", es sei also auch volkswirtschaftlich wichtig zu investieren.

Die SPÖ und die Arbeiterkammer treten für einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem ersten Lebensjahr ein. Die Gemeinden wollen das jedoch nicht, man würde das "nach Bedarf" machen. 

Stilling: "Wir wollen den Rechtsanspruch ab dem 1. Geburtstag, denn dieser würde schon Druck auf die Gemeinden ausüben, so dass das Angebot dann auch wirklich zur Verfügung gestellt wird." Sie verstehe aber auch die Gemeindevertreter, bei denen viele Kosten hängen bleiben würden, da würde man auf die Bundesregierung hoffen, mehr Geld zur Verfügung zu stellen. 

Kosten für Kinderbetreuung in vielen Teilen Österreichs hoch

In vielen Bundesländern würden die Nachmittagsbetreuungen, aber auch Kindergärten insgesamt noch zu viel kosten, konstatiert die AK-Expertin im Ö1-Morgenjournal. "Da muss man sich teilweise durchrechnen, ob es sich lohnt, wenn man arbeiten geht, oder ob man nur für den Kindergarten arbeitet." 

Sie würde sich auch hier eine einheitliche, österreichweite Lösung seitens der Bundesregierung wünschen. 

Kurz zusammengefasst:

  • Die Vollzeit-Kindergarten-Plätze in Österreich nehmen zu.
  • Laut einem Monitoring der Statistik Austria ist der Anteil bei den Kindern bis fünf Jahre innerhalb eines Jahres von 52 Prozent auf nunmehr rund 59 Prozent gestiegen.
  • Es gibt aber nach wie vor große regionale Unterschiede in Österreich. 
  • Während Wien mit 90 Prozent deutlicher Spitzenreiter ist, bildet Oberösterreich mit knappen 40 Prozent das Schlusslicht.
  • AK-Expertin Ines Stilling fordert österreichweite, einheitliche Regelungen und mehr Investitionen seitens der Bundesregierung.