Grüner Parteitag: Kogler mit 96,41 Prozent zum Bundessprecher wiedergewählt
Beim 44. Bundeskongress der Grünen ist Werner Kogler in Villach als Parteichef für weitere drei Jahre bestätigt worden. Er fährt bei seiner zweiten Wahl zum Bundessprecher ein sehr gutes Ergebnis ein und erhält 96,41 Prozent Zustimmung.
Das Ergebnis liegt zwar unter dem Rekordwert aus dem Jahre 2018, als er mehr als 99 Prozent der Delegiertenstimmen bekam, dennoch ist der Zuspruch für den Vizekanzler in der Grünen Basis offenbar groß.
Neben Kogler stellen sich heute auch die Kandidaten für den neuen Bundesvorstand, der Finanzreferent Wolfgang Rabak und die Rechnungsprüfer der Wahl. Auf den Frauenplätzen des Bundesvorstands sind alle drei kandidierenden Frauen, Meri Disoski (95 Prozent), Eva Hammerer (97 Prozent) und Olga Voglauer (97 Prozent) in den Bundesvorstand gewählt worden. Auch Kaineder und Prack sind beide mit 85-prozentiger Zustimmung ins Gremium gewählt worden. Ähnlich reibungslos verliefen auch die anderen Wahlen. Bettina Bergauer, Eva Blimlinger und Manfred Brandl sind als Rechnungsprüfer gewählt worden.
Bundeskongress geht ohne Kritik der Basis über die Bühne
Unter langanhaltendem Applaus ziehen die grünen Regierungsmitglieder am Morgen im Villacher Congress Center ein - angeführt vom Parteichef Werner Kogler, der sich von den Delegierten minutenlang feiern lässt. Bussi hier, Händeschütteln da.
Der Kongress beginnt mit einer guten Botschaft für die Partei: Die Grünen seien schuldenfrei, wird den Delegierten gleich zu Beginn freudig bestätigt. Nach dem Ausscheiden aus dem Nationalrat vor drei Jahren lag das Minus der Partei noch bei 5 Millionen Euro.
Insgesamt ist die Stimmung auf diesem Bundeskongress überraschend positiv. Jede Menge Applaus und jede Menge Eigenlob bestimmt den Ton. Für die Partei läuft dieser 44. Bundeskongress so reibungslos ab, dass er eineinhalb Stunden vor der geplanten Zeit (eigentlich 17:00) beendet wurde.
Kogler: "Es gibt kein Zurück"
Der Höhepunkt des Bundeskongresses ist die Rede des Vizekanzlers. "Das einzige, was sicher ist, ist, dass es unsicher ist. Wir leben in stürmischen Zeiten. Es treffen gleich mehrere Krisen aufeinander. Wir wissen nicht, wohin die Reise geht", dämpft der Vizekanzler und Bundessprecher Werner Kogler die Euphorie im Villacher Congress Center.
Denn: "Es gibt kein Zurück", sagt er. Seit dem 24. Februar (dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine) ist die Welt eine andere, sagt Kogler. "Deshalb muss auch die Politik eine andere werden", so Kogler. "Diese Zeitenwende ist auch Ausdruck der Notwendigkeit einer Energiewende".
Untersuchungsausschuss zur Abhängigkeit von Russland
Es sei unerhört, dass jene, die Österreich in die Abhängigkeit von russischem Gas gebracht haben, die Bemühungen der Energieministerin blockieren, sagt Kogler in seiner Rede. Unerwähnt bleibt auch das Thema Untersuchungsausschuss nicht. Kogler fordert neuerlich einen Untersuchungsausschuss, zur Frage, wer für die österreichische Abhängigkeit vom russischen Gas verantwortlich ist.
Die Fehler der Vergangenheit dürfen nicht wiederholt werden. "Österreich kann zwar kurzfristig nicht aus dem Gas raus, aber langfristig schon. Viele österreichische Betriebe und Unternehmen sind Weltmarktführer auch bei der Ökologisierung,"sagt Kogler. Unternehmen in Österreich seien vielerorts bei der Energiewende schon weiter als ihre "Vertreter im vierten Bezirk", sagt er in Richtung Wirtschaftskammer.
"Die Justiz stirbt einen stillen Tod", zitiert Kogler den ehemaligen Justizminister der Expertenregierung Clemens Jabloner. Damit das nicht passiere, dafür würden die Grünen sorgen. Die Justiz müsse weiter gestützt werden, sagte zuvor schon Justizministerin Alma Zadic.
Die Grünen haben sich bei der Transparenz und dem Anti-Korruptionsschutz im Regierungsprogramm einiges vorgenommen, einige "kleinere" Punkte seien auch bereits umgesetzt worden. Wichtige Pakete, wie das Korruptionspaket, sei in der Koordination. Die Regierung habe geliefert. Aber: "Wir werden blockiert", sagt Kogler, und zwar in den Ländern und Gemeinden. Er fordert daher, dass sich die Länder öffentlich erklären, warum das Ende des Amtsgeheimnisses und das Informationsfreiheitsgesetz und damit die Transparenz blockiert werden.
Zur Koalition mit der ÖVP meinte Kogler: "Es ist eine funktionierende Koalition. Die Regierungsarbeit ist gut. Sie ist gut. Gut." Zwar sei es nicht immer leicht gewesen und es habe Konflikte gegeben. "Aber wir haben gerungen (...) Es ist nicht immer leicht, aber trotzdem ist es richtig."
"Die Grünen werden die Zukunft nicht nur erleiden, sondern gestalten", sagt Kogler und verlässt unter tosendem Applaus und Standing Ovations die Bühne.
Kärntner Lokalpolitik als Wahlkampfauftakt
Gastgeberin für diesen 44. Bundeskongress ist die Kärntnerin Olga Voglauer. Sie möchte bei der Kärntner Landtagswahl im März 2023 als Spitzenkandidatin in den Landtag einziehen. "Wir Grünen werden Kärnten die Luft zum Atmen erhalten und den Boden nicht unter den Füßen weg betonieren", sagt Olga Voglauer in ihrer Eröffnungsrede. "Wir werden die Zukunft des Bundeslands daran messen, wie viele Dächer Fotovoltaik anlagen haben", sagt sie weiter und möchte in Kärnten die "Windräder zählen" bis es genug gebe. Jetzt sei die Zeit, an die Grünen zu glauben, beendet Voglauer ihre Rede.
"Wieder Sozialpolitik. Dafür schlägt mein Herz"
Bestätigt wurde vom Bundeskongress auch das neuste grüne Regierungsmitglied, Gesundheitsminister Johannes Rauch. Er möchte vor allem das Soziale wieder in den Vordergrund holen. "Wir werden wieder Sozialpolitik machen. Dafür schlägt mein Herz", sagt der Minister.
Er sei schon 63 Jahre alt, er werde daher alles tun, was in seiner Macht liegt, denn er habe den Vorteil schon 63 Jahre alt zu sein und nichts mehr zu verlieren hätte, daher müsse er sich" auf gut Deutsch nichts mehr scheißen, und das ist eine gute Voraussetzung.“ Die nächste Zeit wird hart, sagt Rauch und meint damit die gravierenden Teuerungen, die viele Menschen in Österreich wirtschaftlich bedroht. Nach einer flotten Abstimmung wird Rauch vom Bundeskongress einstimmig bestätigt.
Ein wichtiges Thema für den Sozialminister sei die Auswirkungen der Teuerungen, bestätigt er nach seiner Wahl. "Ich kann das dumme Gerede der Sozialdemokratie nicht mehr hören, wo es dann heißt, wir würden uns nicht scheren", zeigt sich Rauch erzürnt und zählt die Hilfen auf, die die Grünen auf den Weg gebracht haben, etwa die Erweiterung des Sozialhilfepakets, um die Einkommensschwachen zu stützen.
Die Regierungsmitglieder und die Klubobfrau Sigrid Maurer stellen ihren Delegierten ihre wichtigsten politischen Errungenschaften aus ihren jeweiligen Ressorts vor. Klimaministerin Leonore Gewessler betont dabei, dass Österreich im März bereits kein russisches Erdöl mehr importiert hat. Aber das reiche noch nicht, so Gewessler. "Die Energiewende wird nicht leicht werden. Aber Terawattstunde für Terawattstunde werden wir es schaffen", zeigt sich Gewessler optimistisch.
Debatte mit wenigen Widerworten
In der zweiten Hälfte des Kongresses gab es zum Abschluss noch eine inhaltliche Debatte zur Neuausrichtung des Europaprogramms der Grünen. Kaineder erinnerte bereits im Vorfeld daran, dass Europa in der Energieversorgung schleunigst unabhängig werden müsse.
Innerhalb der Debatte wird aber zudem betont, dass angesichts des Krieges in der Ukraine stärker auf Friedenspolitik gesetzt werden soll. Ein Diskutant in der Debatte forderte auch, dass sich die Grünen vor allem bei der Zusammenarbeit mit der ÖVP wieder stärker auf die demokratische Arbeitsweise der Partei rückbesinnen sollen. Positionen und Entscheidungen sollten mit der Basis demokratisch diskutiert werden und "nicht von Einzelpersonen getroffen werden", heißt es in der Diskussion.
Umweltministerin Gewessler steht in diesem Zusammenhang bei den Grünen hoch im Kurs. „Aus meiner Sicht ist Leonore Gewessler eine der erfolgreichsten Ministerinnen, die diese Regierung hat“, lobte Kaineder sie in höchsten Tönen. Dass sie sich als Vize-Bundessprecherin zur Verfügung stelle, sei „eine große Freude“.