Fridays for Future - Tausende trotz Verbots bei Schülerstreiks
„Wir wollen heute ein positives Zeichen setzen, bitte richtet keinen Schaden an und nehmt euren Müll wieder mit“, hallt es aus großen Lautsprechern über den Wiener Heldenplatz. Mehr als 10.000 Jugendliche haben sich an diesem Freitag versammelt, um für die Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens (Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen) zu demonstrieren.
Volksschüler sind mit ihren Lehrern gekommen, Teenager und Studenten mit ihren Freunden. Sie tragen Schilder mit Sprüchen wie „Macht ihr eure Hausaufgaben, dann machen wir unsere“. Viele kommen verkleidet als Eisbären, Dinosaurier oder „Klimaritter“. Die Stimmung ist gut, das Ziel ist klar: Aufmerksamkeit schaffen für ein Abkommen, an das sich seit 2015 kaum ein Staat hält.
Ihren Ausgang genommen haben die „Fridays for Future“-Demonstrationen in Schweden. An einem Augusttag 2018 setzt sich die Schülerin Greta Thunberg erstmals vor das Parlament in Stockholm, um darauf aufmerksam zu machen, dass Schweden die Treibhausgasemissionen um 15 Prozent senken müsste, um sich an die Pariser Vorgaben zu halten. Knapp ein Jahr später ist die 16-jährige Greta eine weltweit bekannte, vielfach gefeierte und umstrittene Klimaschutzaktivistin, die für den diesjährigen Friedensnobelpreis nominiert ist.
Demo trotz Fehlstunden
„Sie ist für uns ein großes Vorbild, man sieht sie ständig in den Nachrichten“, sagt David, der mit Freunden auf den Heldenplatz gekommen ist. „Man hat plötzlich Mut, für das Thema aufzustehen, weil man sieht, dass es etwas bewirkt.“ Wie die meisten anderen Jugendlichen schwänzt der 15-Jährige wissentlich die Schule.
Selbst eine Entschuldigung der Eltern hätte, so David, die Direktion nicht akzeptiert. In allen Landeshauptstädten – bis auf Innsbruck und St. Pölten – fanden Demonstrationen statt. Vor dem akademischen Gymnasium in Graz beispielsweise versammelten sich Schüler für eine „öffentliche Schulstunde“ , Klimaforscher hielten Vorträge.
Entsteht eine Bewegung?
Für Philipp Ikrath vom Institut für Jugendkulturforschung ist der Schülerstreik in Österreich deshalb so erfolgreich, „weil es für viele Schüler die erste Möglichkeit ist, ihre politische Selbstwirksamkeit zu spüren. Und nicht, weil sie um jeden Preis schwänzen wollen“.
Trotz der über 10.000 Schüler in Wien handle es sich um eine „verhältnismäßig kleine, bürgerliche, postmaterielle Gruppe“ an Jugendlichen, die aktiv werde. „Das heißt nicht, dass hierzulande aus Fridays for Future keine Bewegung entstehen kann. Die 68er-Bewegung hat damals auch nur einen einstelligen Prozentanteil aller Studierenden ausgemacht“, so Ikrath.
Man rechne in dieser Altersgruppe eher damit, dass die Jugendlichen gegen etwas sind – doch „sie sind gesammelt für die Einhaltung eines Abkommens, das ja schon lange beschlossen wurde“, sagt Ikrath, der zum Schluss kommt: „Im Grunde genommen ist es die personifizierte Vernunft, die hier auf die Straße geht“.
Klimaschutz zu Hause?
Es stellt sich die Frage, ob die Schüler auch privat einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. „Wir versuchen natürlich, so gut es geht auf Palmöl und Plastikverpackungen zu verzichten“, sagt Hanno (15). Sich nur „auf individuelle Entscheidungen im Alltag zu fokussieren, das heißt nachhaltig zu leben, Papier zu sparen oder wenig Fleisch zu essen, wird allein nicht ausreichen“, sagt die 23-jährige Studentin Maddalena.
„Es ist wichtiger, dass wir zusammenkommen und kollektiv ein Zeichen setzen, damit die Politik etwas ändert. Die Maßnahmen sind bekannt, sie müssen umgesetzt werden.“
Am 22. März um 11.55 Uhr werden sie sich auf dem Heldenplatz wieder treffen.