Edtstadler: Anpassungen bei Impfpflicht möglich
Angesichts der Expertenkritik am Zeitpunkt der Impfpflicht in Österreich verweist Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) auf die "maximale Flexibilität" des entsprechenden Gesetzes. Das Gesetz zur Impfpflicht ab 1. Februar könne angepasst werden und auch vor Ablauf der zwei Jahre ausgesetzt werden, sagte Edtstadler am Freitag beim Besuch der deutschen Europa-Staatsministerin Anna Lührmann (Grüne) in Wien. Auch Lührmann befürwortet eine Impfpflicht in Deutschland.
"Wir wissen alle nicht, was das Virus mit uns weiter vorhat", sagte Edtstadler in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Lührmann. Die Regierung hoffe, mit der Impfpflicht die nötige Corona-Durchimpfungsrate zu erreichen und keine weiteren Schritte zu brauchen. "Wir sind aber für allfällige weitere Schritte auch gerüstet. Wir können - sowohl was die Impfstoffe betrifft, was die Abstände der Impfungen betrifft, was möglicherweise weitere Boosterimpfungen betrifft - anpassen." Die Regierung sei in intensivem Kontakt mit Experten. Einige Epidemiologen erachten ein Inkrafttreten der Impfpflicht zu einem späteren Zeitpunkt wegen einer zu erwartenden Herbst-Welle sowie weiteren Impfstoffzulassungen für sinnvoll.
Auch Lührmann befürwortet die Impfpflicht, da es Deutschland nicht geschafft habe, ohne eine solche die entsprechende Durchimpfung zu erreichen. "Wir können uns aus der Pandemie nur gemeinsam herausimpfen." Österreich sei bei der Impfpflicht "schon ein Stück weiter als Deutschland", wo die Debatte gerade erst begonnen habe. Deutschland schaue hier auf Österreich. Außerdem forderte Lührmann mehr Engagement bei der weltweiten Verteilung von Impfstoffen. Eine Impfpflicht auf europäischer Ebene kann sich Edtstadler ihrerseits "nicht vorstellen", weil dies nationale Kompetenz sei.
Einigkeit herrschte zwischen Lührmann und Edtstadler auch in Bezug auf die sogenannte Taxonomie, das Klassifizierungssystem für nachhaltige Investitionen in der EU. Es bestehe "Einigkeit, dass das Greenwashing der Atomenergie bei der Taxonomie ein großer Fehler ist", sagte Lührmann. Auch Edtstadler betonte, dass Deutschland der Atomenergie sehr kritisch, während Österreich dieser "ganz klar ablehnend" gegenüberstehe. Die deutsche Staatsministerin war "klimaneutral" mit dem Nachtzug nach Österreich gereist. Es handelte sich um die zweite Auslandreise des Mitglieds der neuen deutschen Ampel-Koalition.
Lührmann und Edtstadler betonten den Willen einer intensiveren Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Österreich. Zwischen den beiden stimme "die Chemie", sagte Edtstadler. Ein gemeinsames Anliegen ist etwa die europäische Zukunftskonferenz. Lührmann bezeichnete sie als "Booster für die Demokratie in Europa". Ziel sei es, die EU demokratischer und handlungsfähiger zu machen. Als wesentlichen Punkt ergänzte Edtstadler die Frage, wie es nach dem Mai mit der Zukunftskonferenz weitergehe. Sie schließe Vertragsänderungen nicht aus, um die Europäische Union "zukunftsfit" zu machen.
Beide Ministerinnen betonten außerdem ihre Unterstützung für die EU-Erweiterung des Westbalkans sowie die Notwendigkeit, der Einhaltung von rechtsstaatlichen Prinzipien durch alle EU-Mitgliedsländer.