Corona: 100 Anklagen wegen Gefährdung durch übertragbare Krankheiten
Wer beim Arztbesuch eine Corona-Infektion verschweigt oder trotz Quarantänebescheid Freunde empfängt, riskiert ein Strafverfahren. In normalen Jahren spielt das Delikt der "Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten" kaum eine Rolle. Die Pandemie hat die Anzahl der Anklagen im Vorjahr aber deutlich ansteigen lassen, wie der APA vorliegende Zahlen des Justizministeriums steigen. Demnach gab es 100 Anklagen - vier mal mehr als im Jahr davor - und 26 Verurteilungen.
Unter die "anzeigepflichtigen Krankheiten" fällt in Österreich eine ganze Reihe von Infektionen - von den Masern über die Röteln bis hin zu Aids und seit dem Vorjahr auch Covid-19. In Summe sind es 53 Krankheiten. Wer die Gefahr der Verbreitung einer dieser Krankheiten herbeiführt, riskiert bis zu drei Jahre Haft (§178 StGB) beziehungsweise ein Jahr bei Fahrlässigkeit (§179).
Üblicherweise halten sich die Verurteilungen in Grenzen: Seit 1976 weist die Statistik Austria für beide Delikte gemeinsam maximal 15 rechtskräftige Verurteilungen pro Jahr aus, im Durchschnitt waren es nicht einmal sechs pro Jahr.
Anders im Vorjahr: Allein 2020 gab es laut Justizministerium 26 Verurteilungen (und drei Freisprüche) wegen Gefährdung durch übertragbare Krankheiten. Heuer waren es im Jänner bereits elf Verurteilungen (und ein Freispruch). Die Urteile sind zwar noch nicht alle rechtskräftig. Der Anstieg gegenüber den Jahren davor ist aber deutlich. Nach der selben Zählweise gab es 2018 nämlich nur acht und 2019 elf Verurteilungen.
Noch deutlicher ist der Anstieg bei den Anzeigen: Von 68 bzw. 60 in den Jahren 2018 und 2019 stiegen sie auf 790 im Vorjahr und bereits 123 im heurigen Jänner. Die allermeisten Fälle haben die Staatsanwaltschaften zwar zurückgelegt. In 100 Fällen setzte es im Vorjahr dennoch eine Anklage (davon zwei im Jänner und Februar, also vor "Corona"), und allein im Jänner 2021 zählte das Justizministerium bereits 35 Anklagen.
Zwar wird der bis zu dreijährige Strafrahmen nicht voll ausgeschöpft, um ein Kavaliersdelikt handelt es sich aber dennoch nicht. Bei etwa einem Drittel der Verurteilungen wurde laut Justizministerium seit Anfang 2020 eine Freiheitsstrafe verhängt, in den übrigen eine Geldstrafe. Die höchste verhängte Freiheitsstrafen waren 15 Monate, die niedrigste drei Monate.