Beate Meinl-Reisinger: "Wir müssen über den Winter kommen"
Das Entlastungspaket der Regierung ist für Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger zu viel "Gießkanne". Generell entkam der Parteivorsitzenden zum Auftakt der Fernseh-Sommergespräche auf Puls 4 am Donnerstag wenig Lob für die Regierung. Zum zehnjährigen Jubiläum ihrer Partei bekam Meinl-Reisinger auch die Gelegenheit, über die vergangenen Jahre Resümee zu ziehen. "Die Opposition war nicht fad", aber jetzt wollten auch die Neos zeigen, dass sie es besser können.
Inhalt des Sommergesprächs war wenig überraschend der Krieg in der Ukraine. Meinl-Reisinger, die gerade erst von einer parlamentarischen Delegationsreise unter anderem nach Bucha zurückgekommen ist, betonte, dass Österreich im Bereich der Versorgung mit medizinischen Produkten besonders viel Hilfe leisten könnte. Zu sehen, was an medizinischer Ausstattung fehle, sei ein Ziel dieser Reise gewesen. Meinl-Reisinger bemerke aber auch einen Stimmungswechsel in der Gesellschaft. Denjenigen, die sich die Frage stellen würden, ob Europa weiterhin Waffen in die Ukraine liefern solle, entgegnete sie: "Viele haben noch nicht verstanden, dass wir als Europa diesen Krieg gewinnen müssen, um weitere blutige Kriege zu vermeiden".
Den NATO-Beitritt von Schweden und Finnland verstehe sie. Allem voran brauche es aber eine neue Sicherheitsdoktrin. Wichtig war es der Neos-Chefin aber auch, zu betonen dass die Neutralität Österreich nicht schütze. Schutz biete einzig und allein der Verbund mit anderen Staaten. Als Neos sei man grundsätzlich offen für einen NATO-Beitritt, Meinl-Reisinger merkte jedoch auch an, das Österreichs Heer dafür nicht ausreichend ausgestattet sei. Angesichts einer möglichen Wiederwahl von Donald Trump als US-Präsident, sei eine europäische Sicherheitspolitik unumgänglich. Pläne für eine europäische Eingrifftruppe gäbe es bereits, hier solle Österreich verlässlicher Partner sein, das stehe auch der Neutralität nicht im Wege.
"Keiner darf frieren"
Beim Thema Nummer Eins, der Inflation, sei die große Gefahr, "dass die Mitte wegbricht". Die Entlastung der besonders Gefährdeten sei unumgänglich. Das Entlastungspaket der Regierung enthält für Meinl-Reisinger hingegen zu viel "Gießkanne". Die "Gutschein-Politik" diene nur dazu, dass Politiker "ihr Bild drauf kleben können". Die Entlastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler durch das Abschaffen der kalten Progression sei ein wichtiger Schritt, müsse aber rückwirkend ab 1. Jänner 2022 gelten, und nicht erst wie geplant ab 2023. Dritter Punkt im Kampf gegen die Teuerung müsse die Senkung der Lohnnebenkosten sein.
Von einem Preisdeckel auf Gas hält Meinl-Reisinger nichts. Eine Preissubventionierung würde nicht zu einer Reduktion des Verbrauches führen, und sollte Putin im Herbst das Gas abdrehen, könnte man durch eine Deckelung Knappheit verursachen. "Wir müssen über den Winter kommen, keiner darf frieren". Vor allem beim Wohnen und Heizen müssten sowohl Mieter als auch Vermieter "ihren Teil beitragen".
"SPÖ bekannt für Maßnahmen, die viel Geld kosten und nichts bringen"
Auch von einer Mehrwertsteuersenkung zeigte sich Meinl-Reisinger nicht begeistert: "Die Sozialdemokratie ist bekannt für Maßnahmen, die viel Geld kosten aber populistisch sind und nichts bringen". Ebenso wenig Freude hätte sie wenig überraschend mit Vermögenssteuern. Die Linie "Koste es was es wolle" werde "uns allen auf den Schädel fallen". Stattdessen müsse es wieder in Mode kommen, zu schauen, wo der Staat bei den Ausgaben sparen könne.
Abermals betonte die Neos-Vorsitzende, dass Österreich als Hochsteuerland die Steuerlast senken müsse. Einer Erbschaftssteuer verschließe sie sich nicht per se, zuerst müssten aber die Steuern auf Arbeit reduziert werden und dafür eine ökosoziale Steuerreform mit einer "wirklichen" CO2-Bepreisung eingeführt werden.
Der Krieg in der Ukraine müsse ein "Turbo" für die Klimabestrebungen sein. Der Krieg habe Österreich schmerzhaft vor Augen geführt, wie groß die Abhängigkeit von fossilen Energien sei, die zumeist nicht aus "lupenreinen Demokratien" kommen. Viel zu langsam sei hingegen die Politik, Meinl-Reisinger forderte schnellere Umweltverträglichkeitsprüfungen.
Der Blick in die Zukunft sei kein rosiger. Unter Umständen stehe ein sehr harter Herbst und Winter bevor. Abschließend wurde ihr die fast schon traditionelle Frage nach Neuwahlen gestellt. Die Neos seien bereit für Neuwahlen, der Zeitpunkt sei aber gerade nicht ideal. "In so einer Phase muss man nicht noch mehr Unsicherheit schaffen", sagte Meinl-Reisinger.