Asylwerber-Lehrlinge: Tirols Ingrid Felipe redet ÖVP ins Gewissen
Von Michael Bachner
Nach einem Vorstoß von Gesundheits- und Sozialminister Rudolf Anschober, der von der ÖVP mit den Worten "wir verhandeln das nicht" sofort abgelehnt wurde, legt sich nun auch die Tiroler Grünen-Chefin Ingrid Felipe für Lehrlinge ins Zeug, die seinerzeit als Flüchtlinge nach Österreich gekommen sind, aber nun mit einem negativen Asylbescheid konfrontiert sind.
Im APA-Sommerinterview redet Felipe der ÖVP ins Gewissen und plädiert dafür, in dieser Frage des Bleibe- und Aufenthaltsrechts einen neuen Verhandlungsanlauf zu unternehmen.
Sie drängt trotz des "Njet" der ÖVP darauf, dass abgelehnte Asylwerber nach absolvierter Lehre in Österreich bleiben dürfen und dass das Land auch minderjährige Flüchtlinge aus Griechenland aufnimmt. Es brauche hier Lösungen, denn ohne diese könne man nicht von einer "Kehrtwende" in der Asyl- und Migrationspolitik sprechen, sagte Felipe.
Der Bereich Asyl- und Migrationspolitik stelle einen "ganz großen Wermutstropfen" dar, meinte Felipe. Die Bundes-ÖVP sei hier "offensichtlich noch unerbittlich". Ihre Kollegen von den Bundes-Grünen würden auch keinen Hehl daraus machen, dass es in diesen Fragen "ganz einfach einen Dissens in der Bundesregierung gibt".
"Österreich würde es gut anstehen, Kinder aus den Flüchtlingslagern aufzunehmen. Ich glaube, das würden wir vertragen", richtete Felipe dem Koalitionspartner auf Bundesebene aus. Im Bereich Asylwerber und Lehre sei es "nicht menschenwürdig und auch nicht sinnvoll", junge Menschen, denen man eine Ausbildung ermögliche und in die man investiere, abzuschieben. Ihre Parteifreunde im Bund würden jedenfalls "dranbleiben" und weiter Überzeugungsarbeit leisten. "Und außerdem gibt es ja auch viele konservative Organisationen und Menschen, von der Caritas bis zur katholischen Kirche, die sagen: 'Möge man nicht nur Nächstenliebe predigen, sondern sie auch leben", betonte die Landeshauptmannstellvertreterin.
Abseits der Asyl- und Migrationspolitik zeigte sich Felipe mit Türkis-Grün aber insgesamt zufrieden. So zufrieden, dass sie bereits jetzt für eine Neuauflage nach der planmäßigen Nationalratswahl im Jahr 2024 plädierte: "Ich hoffe doch, dass dies ein Modell ist, das sich länger bewährt. Ich glaube, dass es Österreich gut tut." Um noch nachhaltigere Reformen herbeizuführen, bräuchte es mehr als eine Legislaturperiode. Die Grünen würden jedenfalls zeigen, dass man auch als kleiner Koalitionspartner "Richtung machen" sowie "vieles verändern und manches verhindern" könne.
Als Beispiele für die "grüne Handschrift" in der Regierung nannte sie etwa die soziale Ausgestaltung der Kurzarbeit in der Corona-Krise und die Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern, die während der Corona-Krisenbewältigung "wiederbelebt" worden sei. "Auch dass man das nunmehrige Investieren aus den Krisen ganz klar mit Klimaschutz, Energiewende und Mobilitätswende konnotiert und richtig viel Geld für diese neue Wirtschaftsform in die Hand nimmt - das ist auch grüne Handschrift", so Felipe.