Politik/Inland

Arbeitsministerin Aschbacher nach Plagiatsvorwurf zurückgetreten

Drei Tage nach dem ersten Jahrestag der türkis-grünen Regierung und zwei Tage nach Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe zog Christine Aschbacher die Konsequenzen.  

Bundeskanzler Sebastian Kurz präsentierte noch am Sonntag ihren Nachfolger: Martin Kocher, der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), wird neuer Arbeitsminister. 

Via Aussendung ließ die 37-jährige Arbeitsministerin noch Samstagabend wissen: "Alle jetzt erhobenen Vorwürfe, ich hätte die Arbeit während meiner Amtszeit als Ministerin verfasst und ich hätte vorsätzlich plagiiert, sind Unterstellungen und weise ich zurück.“

Arbeiten werden "von den jeweiligen Instituten, wie bei jedem anderen auch, auf üblichem Weg geprüft", heißt es in der Aussendung weiter. "Ein solches faires Verfahren steht jedem in diesem Land zu. So wie es bereits anderen, etwa Thomas Drozda, Johannes Hahn oder Bogdan Roscic und anderen zugestanden wurde. Meine Familie und ich erleben aber, dass die Medien und die politischen Mitstreiter, mir dieses faire Verfahren der Überprüfung nicht zugestehen und mich medial in unvorstellbarer Weise vorverurteilen."

Da sich "Anfeindungen, die politische Aufgeregtheit und die Untergriffe leider nicht nur auf mich, sondern auch auf meine Kinder mit unerträglicher Wucht entladen", so Aschbacher weiter, lege sie aus Schutz ihrer Familie das Amt zurück. Wer ihr folgen wird, das soll am Montag bekannt werden.

Inzwischen hat auch die Slowakische Technische Universität angekündigt, Aschbachers Dissertation zu überprüfen. Lesen Sie dazu mehr hier:

Bundeskanzler Sebastian Kurz reagierte in einer ersten Stellungnahme auf den Rücktritt der ÖVP-Ministerin ebenfalls in einer Aussendung: "Christine Aschbacher hat mich heute darüber informiert, dass sie ihr Amt als Arbeitsministerin zurücklegt. Diesen Entschluss respektiere ich. Ich danke Christine Aschbacher für ihren Einsatz im letzten, sehr herausfordernden Jahr.“ 

Aschbachers Rücktritt ist der zweite in der jungen Koalition.

Zur Erinnerung: Ulrike Lunacek trat am 15. Mai 2020 als grüne Kulturstaatssekretärin zurück, Andrea Mayer übernahm ihre Agenden. 

Und Aschbachers Abgang kommt zur Unzeit. Österreich hat wegen der Corona-Pandemie und mehrerer Lockdowns in Folge mit einer Rekordarbeitslosigkeit zu kämpfen  – diesen Jänner sind 520.919 Menschen in Österreich ohne Job und 417.113 in Kurzarbeit – Tendenz steigend.

Keine Top-Performance

Wirklich bekannt oder beliebt war die Arbeitsministerin trotz ihres wichtigen Ressorts nie, wie Politiker-Rankings der letzten Monate zeigen. Sie rangierte  immer auf den hintersten Plätzen. Das ist wohl insbesondere ihrer Rhetorik geschuldet. Allzu oft wirkte Christine Aschbacher vor allem in Fernseh- oder Radiointerviews nicht firm in der Materie, nachgerade unsicher bis hölzern. Auf konkrete Fragen wie Nachfragen gab es oft stereotype Phrasen, die nur memoriert  wirkten, statt Antworten.  

Für Augenzwinkern bis Häme in sozialen Netzwerken sorgte Aschbacher zudem im Frühsommer. Um auf den Familien-Härtefall-Fonds bildhaft aufmerksam zu machen, ließ sich Aschbacher im Juni fotografieren, wie sie einer Familie mit Kleinkind einen 100-Euro-Schein übergibt. Diesen Faux-pas versuchte sie wenig später sonderbar zu rechtfertigen: "Grundsätzlich war es so, dass die Eltern das Geld übernommen haben und das Baby auch kurz zu dem Geld greifen wollte.“

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Bis zu ihrer Angelobung im Jänner 2020 war die gebürtige Steirerin und dreifache Mutter für viele ein unbeschriebenes Blatt –  nur in ÖVP-Kreisen war sie bekannt. 

Ehe sie in das Kabinett Kurz wechselte, war sie fünf Jahre lang Inhaberin von "Aschbacher Advisory" gewesen. Zuvor arbeitete sie als Referentin im Kabinett von Wissenschaftsminister  Reinhold Mitterlehner (2014 – 2015) und als wirtschaftspolitische Referentin als auch als Leiterin des "Zentralen Risikomanagements" unter Maria Fekter im Finanzministerium (2012/2013).

Als Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend sollte sie eigentlich als Ministerin für die "Vereinbarkeit" von Familie und Beruf die Situation so mancher Familien erleichtern. Etwa durch ein Versprechen der Bundesregierungen seit vielen Jahren für ein verpflichtendes zweites Kindergartenjahr und eine Aufwertung der Elementarpädagogik. Das muss ihr Nachfolger oder ihre Nachfolgerin in Angriff nehmen. 

Ein Schmankerl am Rande: Aschbacher galt in ÖVP-Kreisen als kompetente Personalreserve – ausgerechnet für den Wissenschaftsminister. Hätte Heinz Faßmann den Hut genommen, wäre Aschbacher dem Vernehmen nach erste Wahl für seine Nachfolge gewesen.