Politik/Ausland

Slowenien legt sich mit Klimastrategie langfristig auf Kernkraft fest

Slowenien hat eine langfristige Klimastrategie bis 2050 verabschiedet, die laut Kritik aus den Umweltorganisationen die Energiezukunft des Landes in Richtung der Atomenergie steuert. Die Strategie steuere nur auf ein Szenario zu: den Bau eines neuen Reaktorblocks im Kernkraftwerk Krsko, kritisierte die slowenische Greenpeace via Twitter, nachdem das Dokument am Dienstag im Parlament verabschiedet wurde.

In der Strategie wird unter anderem festgelegt, dass Slowenien "eine langfristige Nutzung der Kernkraft" plane und zu diesem Zweck die Verwaltungsverfahren und Vorbereitung der Dokumentation für Investitionsentscheidungen durchführe. Diese Bestimmung, die aus Sicht von Umweltschützern und eines Teils der Opposition am umstrittensten ist, wurde nachträglich mit einer Ergänzung der Koalitionsparteien in das Dokument hineingeschrieben, nachdem sie zuvor im zuständigen Parlamentsausschuss auf Antrag der Opposition gestrichen worden war.

Nach Ansicht von NGOs wird damit ohne öffentliche Diskussion die Rechtsgrundlage für formelle Verfahren für den Bau eines zweiten Atommeilers in Krsko geschaffen. Die Strategie werde de facto die Basis für den Start aller Verfahren für den neuen Reaktorblock sein, inklusive der Energiegenehmigung, staatlicher Raumplanung und der Baugenehmigung, mahnten die Organisationen in einem Schreiben an das Parlament. Sie riefen zur Ablehnung der umstrittenen Bestimmung auf.

Die Umweltorganisationen Greenpeace und Focus sowie das Rechts- und Informationszentrum der NGOs (PIC) beklagen eine klare Verletzung von internationalen Konventionen, die eine Teilnahme der Öffentlichkeit bei Umweltentscheidungen garantieren. Sie wiesen darauf hin, dass in der öffentlichen Debatte, die im September 2020 geführt wurde, die Strategie noch zwei Energieszenarien vorgesehen hatte, was später geändert wurde, sodass die Atomkraft bevorzugt wird. Somit habe die Öffentlichkeit keine Gelegenheit für ein Mitspracherecht bei dieser Auswahl bekommen, kritisierten sie. Entscheidungen über die Energiezukunft müssten transparent, rechtmäßig und in Hinblick auf alle möglichen Alternativen abgewogen werden, hieß es weiter.

In der Parlamentsdiskussion mahnte die Mitte-Links-Opposition ebenfalls, dass die Energiezukunft des Landes mit der Strategie leise und ohne öffentliche Debatte auf Kernkraft festlegt werde. Ein solches Thema erfordert die Entscheidung der Bürger bei einem Referendum, meinte der Sozialdemokrat Dejan Zidan. Luka Mesec (Linke) forderte ebenfalls Transparenz und eine öffentliche Diskussion. Während die Opposition die Art und Weise kritisierte, wie die Regierung die Atomkraftnutzung als einziges Szenario durchsetzen will, ist sie grundsätzlich nicht gegen die Kernenergie.

Die Klimastrategie wurde im Parlament mit 49 gegen 17 Stimmen verabschiedet. Neben den Koalitionsparteien stimmten auch Unterstützer aus der Opposition dafür, nämlich die nationalistische SNS und die Pensionistenpartei (Desus) sowie der Vertreter der ungarischen Minderheit und drei parteilose Parlamentarier.

Infrastrukturminister Jernej Vrtovec begrüßte die Bestätigung der Strategie, die nach seinen Worten "die Möglichkeit für die Fortsetzung der Atomkraft" in Slowenien beinhaltet. "Danke allen Abgeordneten, die die Energieunabhängigkeit Sloweniens und die Bedeutung der Kernkraft für die CO2-Neutralität verstehen", twitterte Vrtovec.

Laut einem früheren Bericht des Nachrichtenportals N1, das sich auf Regierungskreise bezogen hat, soll das Infrastrukturministerium sofort nach der Verabschiedung der Klimastrategie eine Energiegenehmigung für den zweiten Reaktorblock in Krsko erteilen, was die Verfahren in die Wege leiten würde. Das Staatsunternehmen Gen Energija (slowenische Besitzer des AKW Krsko, das im Besitz von Slowenien und Kroatiens ist) hat im Februar 2020 die Energiegenehmigung beantragt. Dieses Dokument, mit dem u.a. der Standort und die Art der Anlage festgelegt werden, stellt die Grundlage für alle anderen Genehmigungen dar.

Der zweite Reaktorblock soll in unmittelbarer Nähe der bestehenden Anlage in Krsko stehen, die rund 70 Kilometer von Österreich entfernt liegt. Wegen der Lage im Erdbebengebiet steht das AKW, dessen Laufzeit bis 2043 verlängert werden soll, in der Kritik der Umweltschützer. Der Widerstand gegen das bestehende AKW ist auch in Österreich sehr stark. Österreich beteiligt sich am UVP-Verfahren zur Laufzeitverlängerung und warnt immer wieder vor der Gefahr, die von dem 40 Jahre alten AKW ausgeht.