Politik/Ausland

Russische Angriffe im Westen der Ukraine, Ermittlungen in Butscha

Tag 40 nach dem russischen Angriff auf die Ukraine:

Während die Welt am heutigen Montag vor allem auf die Kleinstadt Butscha nahe Kiew blickt, wo am Wochenende Hunderte ermordete Zivilisten entdeckt wurden, gehen die Kämpfe in anderen Teilen der Ukraine weiter. Russische Truppen beschossen nach eigenen Angaben in der Nacht weitere Kommandopunkte, Munitions- und Treibstofflager der ukrainischen Armee. Dabei seien auch zwei Abschussvorrichtungen von Flugabwehrsystemen des Typs Buk zerstört worden, hieß es. Eines der Systeme stand demnach in Werchnjotorezke im ostukrainischen Gebiet Donezk.

Die russische Luftabwehr habe außerdem sechs ukrainische Drohnen und drei Hubschrauber abgeschossen, hieß es - etwa in Mykolajiw und dem von russischen Truppen besetzten Cherson im Süden der Ukraine. Die Angaben waren wie immer nicht unabhängig überprüfbar.

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In der westukrainischen Stadt Ternopil soll es einen Luftangriff gegeben haben. In der Stadt sei eine Explosion zu hören gewesen, berichteten Medien Montagfrüh unter Berufung auf Bürgermeister Serhij Nadal. Berichte über Explosionen gab es auch in Cherson und der südukrainischen Hafenstadt Odessa.

Auch die schweren Kämpfe in der von russischen Truppen belagerten Hafenstadt Mariupol halten an. Das britische Verteidigungsministerium teilte mit, die Stadt werde weiterhin intensiv und wahllos angegriffen, doch die ukrainischen Streitkräfte leisteten hartnäckigen Widerstand und behielten die Kontrolle über die zentralen Bereiche.

Mariupol ist nach Ansicht der britischen Militäraufklärung "höchstwahrscheinlich" ein Schlüsselziel der russischen Invasion in die Ukraine. Mit der Einnahme der Stadt könnte eine direkte Landverbindung zwischen Russland und der besetzten Halbinsel Krim hergestellt werden. Russlands bisher einzige Verbindung vom Festland zur Halbinsel ist eine Brücke über die Meerenge von Kertsch.

Rückzug aus Sumy

Russische Truppen sollen damit begonnen haben, sich aus der ostukrainischen Region Sumy zurückzuziehen. Es sei aber noch zu früh, um von einer Befreiung der Region zu sprechen, sagte der Chef der Gebietsverwaltung von Sumy, Dmytro Schywyzkyj, in der Nacht auf Montag.

In der vergangenen Woche war demnach eine größere Zahl russischer Truppen in der Region festgestellt worden, es habe viele Angriffe auch auf Zivilisten gegeben. Russische Militärfahrzeuge seien über einen Korridor von Kiew und Tschernihiw zurück Richtung Russland gebracht worden. 

Evakuierungen

Mehr als 2.600 Menschen wurden indes nach ukrainischen Angaben am Sonntag aus besonders umkämpften Städten in Sicherheit gebracht. Davon seien fast 1.500 aus der Region Luhansk  im Osten des Landes gerettet worden, sagte die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk nach Angaben der Ukrajinska Prawda. Sie warf der russischen Seite vor, gegen die vereinbarte Feuerpause verstoßen zu haben.

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Aus der umkämpften Hafenstadt Mariupol sowie aus Berdjansk seien am Sonntag knapp 500 Menschen mit eigenen Fahrzeugen nach Saporischschja geflohen. Wereschtschuks Angaben nach konnten auch sieben vom Roten Kreuz begleitete Busse aus Mariupol nach Mangusch fahren. Am Freitag hatte das Rote Kreuz einen Evakuierungsversuch abbrechen müssen.

Russland hatte der Ukraine zuvor einmal mehr fehlende Kooperation bei der Evakuierung von Zivilisten aus Mariupol vorgeworfen. Moskau und Kiew werfen sich seit Wochen gegenseitig vor, die Flucht von Einwohnern aus Mariupol zu sabotieren.

"Noch mehr Tote und Misshandlungen"

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij befürchtet unterdessen, dass sich noch "schrecklichere Dinge auftun könnten" als das, was bisher über die Verbrechen in der Stadt Butscha bekannt geworden ist. Andere Regionen des Landes stünden noch unter russischer Kontrolle. Dort könnten "noch mehr Tote und Misshandlungen" bekannt werden, sagte Selenskij in einer Videobotschaft am Sonntagabend.

"Denn das ist die Natur des russischen Militärs, das in unser Land gekommen ist. Sie sind Unwesen, die nicht wissen, wie sie es anders machen sollen", sagte Selenskij. Er wolle, dass jede Mutter eines russischen Soldaten die Leichen der getöteten Menschen in Butscha und anderen Städten sehe.

"Was haben sie getan? Warum wurden sie getötet? Was hat ein Mann getan, der mit dem Fahrrad die Straße entlang fuhr?", fragte Selenskij. "Warum wurden gewöhnliche Zivilisten in einer gewöhnlichen friedlichen Stadt zu Tode gefoltert? Warum wurden Frauen erdrosselt, nachdem sie ihnen die Ohrringe aus den Ohren gerissen hatten? Wie konnten sie Frauen vergewaltigen und sie vor den Augen der Kinder töten? Ihre Körper auch nach ihrem Tod verspotten? Warum haben sie die Körper von Menschen mit Panzern überfahren? Was hat die ukrainische Stadt Butscha Ihrem Russland getan?"

Er sagte auch, dass die Ukraine eigentlich nicht im Ausland nach Waffen hätte fragen müssen. "Alle benötigten Waffen hätte man uns auch so zur Verfügung stellen müssen - ohne Bitten. Denn sie wussten sehr wohl, welches Übel bevorstand und was es mit sich bringen würde."

Ermittlungen rund um Kiew

Nach dem Abzug russischer Truppen hat die Ukraine nach eigenen Angaben in der Region rund um die Hauptstadt Kiew die Leichen von bisher rund 410 Bewohnern geborgen, den Großteil davon in Butscha. "Das ist eine Hölle, die dokumentiert werden muss, damit die Unmenschen, die sie geschaffen haben, bestraft werden", schrieb die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa Sonntagabend auf Facebook. Seit Freitag seien bereits 140 der Leichen untersucht worden. Gerichtsmediziner und andere Spezialisten seien dafür im Einsatz.

Wenediktowa schrieb, dass das Gebiet in Quadrate unterteilt wurde, in denen jeweils Teams aus Staatsanwälten, Ermittlern und Mitarbeitern der Nationalen Polizei arbeiten. Auch Kriminaltechniker seien im Einsatz, da es dort viel scharfe Munition gebe.

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Auch in anderen Orten um Kiew und Tschernihiw soll es Untersuchungen geben. Besonderes Augenmerk liege dabei außerdem auf den Gebieten um Mariupol, Charkiw, Sumy, Luhansk und Donezk, so Wenediktowa. 

Die stellvertretende Verteidigungsministerin der Ukraine, Hanna Maljar, hatte zuvor mitgeteilt, dass die Armee mehr als fünf Wochen nach dem russischen Einmarsch wieder die volle militärische Kontrolle über die Region um Kiew erlangt habe.

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