München: Laut Veranstaltern 250.000 Menschen gegen Rechtsextremismus - Demo abgebrochen
In ganz Deutschland gingen am Sonntag vermutlich mehrere hunderttausend Menschen gegen rechts auf die Straße. In München musste eine Veranstaltung wegen Überfüllung abgebrochen werden, die Polizei ging von mindestens 80.000 Demonstrierenden aus, der Veranstalter sprach von 250.000. Nach Schätzungen der Polizei beteiligen sich auch in Berlin mindestens 60.000 Menschen an einer Demonstration gegen rechts.
Da der Zustrom groß und die Situation dynamisch sei, könnten es aber auch 100.000 Menschen sein, sagte ein Berliner Polizeisprecher am Sonntag. Die Veranstalter sprachen von 350.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Am Freitag war bereits eine Demonstration gegen rechts und die AfD in Hamburg wegen des großen Menschenandrangs abgebrochen worden.
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Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wertete die zahlreichen Kundgebungen als ermutigendes Signal. "Sie stehen jetzt auf gegen Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus", sagte Steinmeier über die Demonstranten. "Diese Menschen machen uns allen Mut." Das Staatsoberhaupt rief in einer Videobotschaft zu einem Bündnis aller Demokratinnen und Demokraten auf. Die Zukunft der Demokratie hänge nicht von der Lautstärke ihrer Gegner ab, sondern von der Stärke derer, die die Demokratie verteidigten. "Zeigen wir, dass wir gemeinsam stärker sind", erklärte Steinmeier.
Habeck: Ermutigendes Zeichen für die Demokratie
SPD-Chef Lars Klingbeil sagte Welt-TV: "Es geht gerade wirklich um die Verteidigung der Demokratie und darum, dass die Anständigen in diesem Land laut und deutlich und klar werden." Wirtschaftsminister Robert Habeck sieht in den Demonstrationen ein ermutigendes Zeichen für die Demokratie. "Es ist beeindruckend zu sehen, wenn jetzt viele Menschen auf die Straße gehen und Flagge zeigen für unsere Demokratie", sagte der Grünen-Politiker der Augsburger Allgemeinen.
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir wertete die Proteste auch als Hinweis an die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP, weniger zu streiten. Davon profitiere die AfD, sagte der Grünen-Politiker dem Deutschlandfunk: "Es geht auch darum, dass die Ampel aufhört, auch die demokratische Opposition von der CDU/CSU, dass wir uns wie Kesselflicker streiten und damit Leute in die Arme der AfD treiben." Auch Klingbeil wünschte sich weniger Streit in der Regierung. "Und das hilft dann auch im Kampf gegen die extremen Kräfte, gegen die populistischen Kräfte, die ja versuchen, dieses Land kaputt zu machen", sagte der SPD-Co-Chef.
Warnungen vor Rechtsextremismus aus der Wirtschaft
Auch aus der Wirtschaft kamen zunehmend Warnungen vor Rechtsextremismus und einem weiteren Aufstieg der AfD. Joe Kaeser, der Aufsichtsratschef von Siemens Energy und Daimler Truck, forderte in einem Reuters-Interview Wirtschaftsvertreter auf, auf die Folgen von AfD-Wahlerfolgen hinzuweisen: "Wer die AfD wählt, entscheidet sich für den Verlust des Wohlstands unseres Landes und seiner Bürger."
Viele Demonstranten in München wandten sich auf Plakaten gegen rechtsextremes Gedankengut: "Remigriert euch ins Knie", "Lasst uns aus der Geschichte lernen statt sie zu wiederholen", "Keine Toleranz für Intoleranz", "AfD - Ein Albtraum für Deutschland" und "Braune Flaschen gehören in den Altglascontainer nicht in den Bundestag" war dort unter anderem zu lesen.
Demos in vielen Städten
Auch in anderen deutschen Städten wurde am Sonntag demonstriert. So herrschte etwa in Köln großer Andrang bei der Demonstration, die Veranstalter sprachen in der Spitze sogar von 70.000 Teilnehmern - die Schätzung bezeichnete der Polizeisprecher am Nachmittag als "nicht unrealistisch". Demnach verlief die Veranstaltung störungsfrei.
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In Bremen nahmen nach Angaben des Netzwerks Campact 50.000 Menschen teil. Großer Andrang wurde auch zum Auftakt einer Demonstration in Stuttgart gemeldet. Eine weitere Kundgebung ist ab 16.00 Uhr in Berlin geplant.
Halbe Million Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Bereits am Freitag und Samstag hatten in zahlreichen deutschen Städten insgesamt Hunderttausende demonstriert. In Frankfurt am Main beteiligten sich laut Polizei am Samstag 35.000 Menschen, ähnlich hohe Zahlen wurden aus Hannover und Dortmund gemeldet. Auch in Karlsruhe, Heidelberg, Halle, Nürnberg, Kassel, Recklinghausen, Braunschweig, Wuppertal, Erfurt und weiteren Städten waren Tausende auf den Straßen.
Von insgesamt rund einer halben Million Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Freitag und Samstag sprach das Netzwerk Campact. Sein Geschäftsführender Vorstand Christoph Bautz erklärte, es sei ein "Wochenende der Hoffnung". Spitzenpolitiker unterschiedlicher Parteien stellten sich hinter die Kundgebungen.
Anlass für die Proteste sind Enthüllungen des Netzwerks Correctiv über ein rechtsextremes Geheimtreffen in Potsdam. Dort war über Pläne für eine massenhafte Abschiebung von Menschen mit Migrationshintergrund beraten worden sowie von weiteren Deutschen, die sich beispielsweise für Geflüchtete einsetzen. Unter anderem nahmen daran Mitglieder der AfD sowie auch der rechtskonservativen Werteunion teil, die am Samstag die Gründung einer eigenen Partei rechts von CDU und CSU beschloss. Die Demonstrationen richten sich aber auch grundsätzlich gegen ein Erstarken des Rechtsextremismus in Deutschland.