Premier in spe soll im Lebenslauf geschummelt haben
Ein gebildeter Jus-Professor namens Giuseppe Conte soll Italiens neuer Premier werden. Staatspräsident Sergio Mattarella lud Conte am Mittwochnachmittag zu einem Gespräch.
Noch vor dem Start ist Contes Image allerdings angeschlagen: Der Jurist soll bei seinen Auslandserfahrungen im Lebenslauf geschwindelt haben. Ein Dementi der New York University brachte das internationale Profil des 53-jährigen Juristen, der an der Universität Florenz Privatrecht lehrt, ins Wanken. Conte sei an der NYU weder Student noch Mitglied einer Fakultät gewesen. Er hätte lediglich zwischen 2008 und 2014 die Erlaubnis gehabt, in der Bibliothek zu forschen, so die Sprecherin.
Paris, Malta, Cambridge
In dem 18 Seiten langen Lebenslauf hatte der Jus-Professor renommierte Universitäten auf der ganzen Welt aufgelistet, an denen er angeblich studiert hat. Doch einer genauen Überprüfung hielten diese Angaben nicht stand. Denn weder an der Pariser Sorbonne noch an der Uni Malta oder an der Cambridge University ist der Name Giuseppe Conte ein Begriff. Der Italiener taucht weder als Student, Doktorand oder Dozent in den Archiven der renommierten Unis auf.
„Eine Möglichkeit ist, dass er zu einem Sommerworkshop eingeladen wurde, der von einem Forscher organisiert wurde, ohne in den offiziellen Listen eingetragen zu sein“, vermutet ein Mitarbeiter der Pariser Sorbonne.
Auch an der Universität Malta taucht kein Giuseppe Conte unter den Dozenten oder Professoren auf. Ein Universitäts-Sprecher schließt nicht aus, dass Conte an einer Sommervorlesung 1997 der mittlerweile aufgelassenen „Foundation for International Studies“, die nicht Teil der Uni Malta war, teilgenommen haben könnte.
Auch am Girton College der renommierten Cambridge University scheint von Giuseppe Conte jede Spur zu fehlen. Das erste Frauencollege Großbritanniens, an dem seit 1997 auch Männer studieren dürfen, verweist auf Privacy Rechte.
Stolz auf Sprachkurse
Im Lebenslauf gibt Conte an, dass er 1993 am Internationalen Kulturinstitut in Wien sein Jusstudium vertieft habe. Beim IKI in Wien werden Deutschkurse angeboten. Auf KURIER-Anfrage wurde aus Datenschutzgründen keine Auskunft erteilt. „Abgesehen davon, ob der Lebenslauf aufgeblasen wurde, frage ich mich, wie eine intelligente Person sich damit in akademischen Kreisen Anerkennung verschaffen möchte“, kommentiert Michele C. auf der Webseite von La Repubblica. Kurze Weiterbildungen im CV aufzulisten sei, „als ob ein Ingenieur stolz darauf ist, einen Excel-Kurs besucht zu haben“.
Fünf Sterne-Chef Luigi Di Maio spricht von „gewalttätigen Attacken“ auf Conte und kritisiert Journalisten: „Ihr wisst nicht mehr, was ihr euch noch einfallen lassen könnt.“
Kritik hingegen kommt von der Opposition: „Mit einer Lüge zu beginnen, ist sicher nicht die beste Visitenkarte“, sagte ein PD-Politiker.
IRENE MAYER-KILANI, ROM