Parlamentswahlen: Sozialisten siegen in Portugal
Mit Elan betritt Portugals sozialistischer Regierungschef Antonio Costa die Bühne im Konferenzsaal des Lissaboner Altis-Hotels. Es ist bereits weit nach Mitternacht. Seine Parteianhänger jubeln ihm zu - "Presidente, Presidente". Costa hebt die geballte Faust in die Höhe. Er genießt den Siegesrausch.
Mit 37 Prozent gewannen seine Sozialisten (PS) am Sonntag die Parlamentswahlen in Portugal klar vor den konservativen Sozialdemokraten (PSD). Oppositionsführer Rui Rio musste sich mit knapp 28 Prozent der Stimmen geschlagen geben.
Bevor Costa jedoch mit seiner Siegesrede beginnt, rückt er seine blaue Anzugjacke zurecht und wird plötzlich überraschend ernst. Es könne nicht sein, dass fast die Hälfte aller Wahlberechtigten den Urnen ferngeblieben sei. 45,5 Prozent hätten nicht an den Wahlen teilgenommen. "Das müssen wir ändern. Ich rufe alle Parteien auf, darüber nachzudenken. Wir Politiker sind hier in der Pflicht."
Dann legte der 58-jährige Vollblutpolitiker wieder sein berühmtes Lächeln auf und bedankte sich erst einmal für das Vertrauen, welches ihm die Portugiesen ausgesprochen haben. Um knapp fünf Prozentpunkte konnten sich die Sozialisten im Vergleich zu den Parlamentswahlen vor vier Jahren verbessern. "Wir haben bewiesen, dass man mit sozialistischen Lösungen eine verantwortungsvolle und erfolgreiche Politik betreiben kann. Das Mitte-Rechtslager musste heute eine historische Niederlage hinnehmen", sagte Costa.
Costa will Bündnis weiterführen
Die Sozialisten gewannen zwar die Wahlen, verfehlten allerdings die erhoffte absolute Mehrheit. Das Wahlergebnis zeige, dass "den Portugiesen die 'Geringonça' anscheinend gut gefallen hat", gab Costa offen zu. Aus diesem Grund werde er versuchen, sein politisches Projekt erneut mit dem marxistischen Linksblock (BE) und dem grün-kommunistischen Bündnis CDU fortzuführen. Aus diesem Grund begrüßte Costa auch die Konsolidierung seiner bisherigen Bündnispartner. Der BE kam auf 9,67 Prozent, das kommunistisch-grüne Parteienbündnis CDU auf 6,46 Prozent.
Als Antonio Costa vor vier Jahren mit Unterstützung des Linksblocks, Kommunisten und Grüne eine Minderheitsregierung bildete, verspottete die konservative Opposition das Bündnis als "Geringonça", als Klapperkiste, die keine zwei Wochen halten würde. "Das Bündnis erwies sich allerdings als äußerst stabil und erfolgreich. Vor allem wirtschaftlich", erklärt Fernando Ampudia de Haro, Politologe an der Lissaboner Europa-Universität im Gespräch mit der APA.
Trotz Erhöhung der Sozialausgaben und einer Milderung der notwendigen Sparpolitik der konservativen Vorgängerregierung wuchs die Wirtschaft und sank die Staatsverschuldung in den vergangenen vier Jahren. Sogar die hohe Arbeitslosigkeit konnte unter Costas Minderheitsregierung auf 6,5 Prozent fast halbiert werden.
In der Nacht auf Montag kündigten auch BE und CDU ihr Interesse an, auch in den kommenden vier Jahren mit den Sozialisten weiterhin zusammenarbeiten zu wollen. Die Zusammenarbeit mit den Sozialisten und der CDU war "gut", sagte die Vorsitzende des Linksblocks Catarina Martins nach den Wahlen. Sie betonte aber auch, dass man viel mehr tun müsse - etwa bei der Bekämpfung des akuten Wohnungsmangels in den Großstädten und gegen die Vernachlässigung des Landesinneren. Martins fordert von Costa zudem noch mehr Sozialausgaben und Verbesserungen der Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt.
Costa will sich bereits in den kommenden Tagen mit seinen Bündnispartnern zu Gesprächen über die neue Legislaturperiode treffen, in deren Mittelpunkt neben dem Abbau des hohen Staatsdefizits und der Staatsschulden vor allem der Ausbau des maroden Gesundheitssystems, bezahlbarer Wohnraum sowie die Sozial- und Familienpolitik stehen sollen. Dabei signalisierte Portugals sozialistischer Regierungschef, eventuell auch die Umweltschutzpartei Volk-Tiere-Natur (PAN) an Bord holen zu wollen.