Kardinal auf der Anklagebank: Prozess gegen Ex-Stabschef des Papstes
In einem historischen Verfahren im Vatikan stehen ab Dienstag ein einst mächtiger Kardinal und neun weitere Personen vor Gericht. Kardinal Angelo Becciu, der bis zu seiner Entlassung vergangenes Jahr als Äquivalent eines Stabschefs für Papst Franziskus diente, werden Veruntreuung, Amtsmissbrauch und weitere Delikte vorgeworfen. Es ist das erste Mal, dass ein Kardinal von der vatikanischen Strafverfolgung angeklagt wird.
Im Zentrum des Verfahrens steht ein ruinöses Immobiliengeschäft in London: der Kauf eines 17.000 Quadratmeter großen ehemaligen Lagerhauses im Stadtteil Chelsea, das in Luxuswohnungen umgewandelt werden sollte. Der völlig überhöhte Preis von 350 Millionen Euro bedeutete laut Vatikan "erhebliche Verluste" für die Staatskasse und wurde teilweise mit Mitteln bezahlt, "die für die persönliche karitative Arbeit des Heiligen Vaters bestimmt waren".
Zum Zeitpunkt der Geschäfte war Kardinal Becciu stellvertretender Leiter des vatikanischen Staatssekretariats und somit maßgeblich verantwortlich für die Verwaltung des riesigen Vermögens des Kirchenstaats.
Finanzskandale
Becciu muss sich nun wegen Veruntreuung und Amtsmissbrauch verantworten. Er weist alle Vorwürfe zurück und sieht sich als Opfer einer Verschwörung. Für Papst Fanziskus ist das Verfahren höchst peinlich. Nach zahlreichen Finanzskandalen in den vergangenen Jahrzehnten hatte das Kirchenoberhaupt angekündigt, konsequent gegen Fehlverhalten in den eigenen Reihen vorzugehen.
Inhaltlich wird von der Anhörung am Dienstag nicht viel erwartet. Ob Becciu persönlich anwesend sein wird, blieb bis zuletzt unsicher. Der Prozess, der in einem behelfsmäßigen Gerichtssaal in den Vatikanischen Museen abgehalten wird, könnte bis nach der Sommerpause verschoben werden.