Politik/Ausland

Johnson-Gegner drohen mit Rücktritt und Wechsel der Partei

Eigentlich stehen die Chancen für Boris Johnson ziemlich gut der nächste Premierminister Großbritanniens zu werden und damit Theresa May nachzufolgen. Allein einigend scheint der Tory-Politiker in Zeiten des Brexit - mit oder ohne Deal - definitiv nicht zu wirken. In seiner Partei rumort es und es gibt scharfen Gegenwind. Finanzminister Philip Hammond und Justizminister David Gauke kündigten ihren Rücktritt an für den Fall, dass der frühere Außenminister und Brexit-Hardliner das Amt des Regierungschefs übernimmt.

Der Alterspräsident des Unterhauses, Kenneth Clarke, warnte vor einem drohenden vertragslosen EU-Austritt Ende Oktober. In London demonstrierten Johnson-Gegner gegen dessen Brexit-Politik.

Angekündigte Rücktritte

Sollte Johnson wie erwartet das parteiinterne Duell gegen den amtierenden Außenminister Jeremy Hunt um die Nachfolge Mays gewinnen, werde er noch bei der scheidenden Premierministerin seinen Rücktritt einreichen, sagte Finanzminister Hammond der BBC. Er könne Johnsons Ankündigung, das Vereinigte Königreich auch ohne Austrittsvertrag aus der EU zu führen, niemals unterstützten, sagte Hammond zur Begründung.

Auch Justizminister Gauke will bei einem Erfolg Johnsons sein Amt niederlegen. Der von Johnson in Erwägung gezogene harte Brexit würde eine "Demütigung" für sein Land bedeuten, sagte Gauke der "Sunday Times".

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Clarke fürchtet No-Deal-Szenario mit Johnson

Der Tory-Politiker Clarke sieht mit Johnson einen No-Deal-Brexit heraufziehen. "Es wird zunehmend wahrscheinlich, dass Großbritannien tatsächlich am 31. Oktober die EU ohne Abkommen verlässt", sagte der Alterspräsident des Unterhauses dem "Tagesspiegel am Sonntag". Er verwies dabei auf Ankündigungen des Ex-Außenministers während des parteiinternen Wahlkampfs. Viele von Johnsons Äußerungen seien "derart unbesonnen, dass die Gefahr besteht, dass er sich in der No-Deal-Falle wiederfindet".

Johnson ist nach eigenem Bekunden bereit, das Vereinigte Königreich auch ohne Austrittsvertrag bis zum 31. Oktober aus der EU zu führen, sollte Brüssel keine Zugeständnisse machen.

Verlust der Mehrheit droht

Vor diesem Hintergrund kündigten nach einem Bericht der "Sunday Times" insgesamt sechs pro-europäische Abgeordnete der Tories an, im Fall von Johnsons Sieg zu den europafreundlichen Liberaldemokraten zu wechseln. Damit hätte der mögliche Premierminister Johnson keine eigene Mehrheit mehr im Unterhaus.

Proteste in London

In der britischen Hauptstadt gingen am Samstag Johnson-Gegner auf die Straße. Bei der Demonstration unter dem Motto "Nein zu Boris, Ja zu Europa" ließen die Teilnehmer auch einen riesigen Johnson-Ballon steigen, ähnlich wie beim Staatsbesuch von US-Präsident Donald Trump im Juni. Damals schwebte ein riesiges Trump-Baby über der Menge.

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Trump prophezeit "großartigen Job" Johnsons

Trump stellte sich unterdessen erneut hinter Johnson. Der US-Präsident telefonierte nach eigenen Angaben am Donnerstag mit Johnson. "Er wird einen großartigen Job machen", sagte Trump am Freitag. "Er ist ein eigenartiger Typ, aber auch von mir sagen sie, ich sei ein eigenartiger Typ. Wir kommen gut miteinander klar. Ich denke, wir werden eine sehr gute Beziehung haben."

Wer wird neuer Premier?

Bis Montag um 17.00 Uhr (Ortszeit, 18.00 Uhr MESZ) können die 160.000 Tory-Mitglieder noch ihre Stimme abgeben. Das Ergebnis soll am Dienstag verkündet werden. Am Mittwoch wird sich die scheidende Premierministerin May ein letztes Mal den Fragen der Abgeordneten im Unterhaus stellen, bevor sie der britischen Königin Elizabeth II. im Buckingham-Palast ihr Rücktrittsgesuch überreicht. Die Queen wird dann den Sieger der Tory-Vorwahlen und neuen Parteichef der Konservativen mit der Regierungsbildung beauftragen.

Die seit 2016 regierende May kündigte an, nach ihrem Rücktritt weiterhin als Abgeordnete für ihren südenglischen Wahlkreis Maidenhead im Parlament zu bleiben. Sie werde "alles dafür tun", dass es in Großbritannien auch in Zukunft eine konservative Regierung gibt, sagte sie dem "Daily Express". Die 62-Jährige will sich aber zunächst eine "Auszeit" nehmen und in den Urlaub fahren.