Internationale Sicherheitskonferenz: Ring frei in München
Es war vor zwei Jahren, da versuchte Mike Pence alle Befürchtungen in Europa zu zerstreuen: Man werde zu Europa stehen, so der US-Vizepräsident 2017 nur wenige Tage nach seinem Amtsantritt bei der Sicherheitskonferenz in München. Ein Versprechen, das – so Pence – „heute und jeden Tag“ gelte. Seien es doch dieselben edlen Ideale, die Europa und die USA aneinander schweißten.
Heuer ist Pence wieder bei der Sicherheitskonferenz in München zu Gast. Und Pence’s Versprechen von damals hallt nur mehr in Archiven nach – realpolitisch ist davon wenig geblieben: Wichtige, über Jahre ausverhandelte Abkommen wurden von Trumps Administration aufgehoben, in Handelsfragen gingen die USA auf Konfrontationskurs zur EU, Trump stellte internationale Organisationen infrage und drohte Alliierten mit Sanktionen.
Einigkeit wollten die Organisatoren der Münchner Sicherheitskonferenz 2019, die an diesem Wochenende steigt, demonstrieren. Die starke Einigkeit Europas. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel sollten bei der Konferenz gemeinsam auftreten. Dann wurde Macron schwach und sagte ab – wegen der Gelbwestenproteste.
Das Europäische Signal ist nun die Eröffnung der Konferenz durch die Verteidigungsminister Deutschlands und Großbritanniens, Ursula von der Leyen und Gavin Williamson, am Freitag. Die Botschaft soll wohl sein: Zumindest in Sicherheitsfragen steht man beisammen, auch wenn London ohne Rücksicht auf Verluste aus der EU austreten will. Merkel, die Multilateralismus zelebrieren wollte, wird bei der Konferenz nun mit Pence auf einem Podium sitzen. Anmerkung dazu: In vergangenen Jahren war Deutschland zum Lieblingsgegner Trumps in Westeuropa mutiert.
Steitthemen
Ein Anlass dafür: Das russisch-deutsche Pipelineprojekt Nord Stream 2 durch die Ostsee nach Deutschland. Washington argumentiert, diese Röhre mache Europa zu abhängig von russischem Gas – die USA wollen aber selbst Flüssiggas nach Europa verkaufen. Ein anderes Streitthema zwischen den USA und Deutschland, das wohl zur Sprache kommen wird: Der Streit zwischen den NATO-Staaten um die Verteidigungsausgaben von mindestens zwei Prozent des BIP.
Dass Pence direkt aus Warschau nach München kommt, sorgt für zusätzlich Zündstoff. Denn dort war am Donnerstag eine von den USA und Polen veranstaltete Nahost-Konferenz über die Bühne gegangen. In Westeuropa wird diese vor allem als Versuch betrachtet, Osteuropäische EU-Staaten auf die harte Linie der USA gegenüber dem Iran einzuschwören. Westeuropäische Staaten – allen voran Deutschland und Frankreich – setzen in dieser Frage auf Diplomatie und Mechanismen zur Umgehung der US-Sanktionen gegen den Iran.
Weitere Themen in München: Die Aufkündigung des INF-Vertrages über ein Verbot atomar bestückbarer Mittelstreckenraketen durch die USA und Russland. Vor allem in Europa – von dieser Maßnahme besonders betroffen – will man ein neues Wettrüsten zwischen den USA und Russland vermeiden. In Sachen Aufkündigung haben die USA allerdings die Rückendeckung der NATO-Staaten.
Auch das Aufstreben Chinas zur Weltmacht wird Thema sein – Peking hat die bisher größte Delegation nach München entsandt. Zudem wird über Afghanistan gesprochen werden, vor allem über den von den USA angestrebten Abzug und Zugeständnisse an die Taliban im Zuge der laufenden Friedensverhandlungen unter US-Führung.
In Summe werden 600 Gäste an der Konferenz im Hotel Bayerischer Hof teilnehmen, darunter 35 Staats- und Regierungschefs und 80 Außen- und Verteidigungsminister. 4400 Polizeibeamte sind zur Sicherung abgestellt.