Impeachment in der US-Geschichte: Welche Präsidenten wackelten
Von Georg Markus
In der 240-jährigen Geschichte der Vereinigten Staaten gab’s erst drei Mal ein Amtsenthebungsverfahren: Bei den Präsidenten Bill Clinton, Richard Nixon und Andrew Johnson. Zwei von ihnen haben das Impeachmentverfahren politisch überlebt, Nixon kam der Anklageerhebung zuvor und trat von sich aus zurück.
Das bisher "populärste" Verfahren war wohl das gegen Bill Clinton, der nach ersten Gerüchten über eine Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinksy im Jänner 1998 unter Eid aussagte, "keine sexuellen Kontakte" mit der 25-jährigen Mitarbeiterin des Weißen Hauses gehabt zu haben. Als dann der Sonderermittler Kenneth Starr Hinweise vorlegte, die auf das Gegenteil schließen ließen, leitete das Repräsentantenhaus ein Amtsenthebungsverfahren gegen den demokratischen Präsidenten ein.
Allerdings nicht, weil er Sex mit Monica Lewinsky hatte, sondern wegen Meineids und Behinderung der Justiz. Clinton wurde in beiden Fällen mit einer knappen Mehrheit von demokratischen und republikanischen Abgeordneten freigesprochen und konnte sein Amt – wenn auch schwer angeschlagen – weiter ausüben.
Bei schweren Vergehen
In der amerikanischen Verfassung ist eine Anklage zur Amtsenthebung des Präsidenten bei "Landesverrat, Bestechung oder anderen schweren Vergehen" vorgesehen. Solche wurden 1974 dem republikanischen Präsidenten Richard Nixon zur Last gelegt, weil er über einen Einbruch in der demokratischen Wahlzentrale im "Watergate"-Hotel zumindest informiert gewesen sei. Das Impeachmentverfahren gegen Nixon wurde wegen Falschaussagen, Zeugenbestechung und Missbrauch von Bundesbehörden eingeleitet. Als selbst die republikanische Führung durchblicken ließ, dass eine Mehrheit seiner eigenen Partei für die Amtsenthebung im Senat stimmen würde, kam Nixon dem Urteil zuvor und trat – als bisher einziger US-Präsident – zurück.
Den Amtseid gelallt
Das erste Impeachmentverfahren in der US-Geschichte wurde gegen den 17. Präsidenten Andrew Johnson eingeleitet. Die dramatische Vorgeschichte dazu beginnt am 4. März 1864, an dem Abraham Lincoln als Präsident und Johnson als Vizepräsident vereidigt wurden. Johnson war von der ersten Stunde an ein politisch toter Mann, da er seinen Amtseid lallend, in volltrunkenem Zustand abgelegt hatte.
Amerika hatte einen seiner ersten Politikskandale, wobei kaum erörtert wurde, warum Johnson in diese Situation geraten war: Von einer Typhusinfektion noch nicht genesen, fühlte er sich am Morgen der Vereidigung so schwach, dass er hoffte, ein Paar Gläser Whisky würden ihm Kraft verleihen. Doch der Alkohol sorgte für die gegenteilige Wirkung. Und so leistete der neue Vizepräsident schwankend den Eid und stammelte eine aus unzusammenhängenden Worten bestehende Antrittsrede.Niemand hätte für möglich gehalten, dass dieser Mann je Präsident der Vereinigten Staaten würde. Doch eine Tragödie machte es erforderlich: Am 14. April 1865 wurde Präsident Lincoln bei einem Theaterbesuch in Washington ermordet. Worauf der Vizepräsident, wie es die Verfassung vorsieht, den Eid ablegte und Präsident wurde.
Der Schwachpunkt
Andrew Johnson, der gelernter Schneider war, wurde seine bizarre Antrittsrede nie wieder los, vor allem aber blieb ihm jeder Respekt versagt, weil er als Demokrat vom republikanischen Präsidenten Lincoln ins Weiße Haus geholt worden war. Die Republikaner konnten Johnson nicht verzeihen, dass er Präsident wurde, ohne je eine Wahl gewonnen zu haben.
Anfang des Jahres 1868 entdeckten sie endlich einen Schwachpunkt. Als Johnson den Kriegsminister entließ und eigenmächtig – was er nur mit Zustimmung des Senats hätte tun dürfen – einen Nachfolger nominierte.
Mit nur einer Stimme
So wurde am 24. Februar 1868 im Kapitol ein drei Monate dauerndes Impeachmentverfahren eingeleitet. Johnsons Anwälte erklärten, das Gesetz, gegen das er verstoßen haben soll, sei verfassungswidrig, weshalb es keinen Grund zur Amtsenthebung gäbe. Die Abstimmung verlief denkbar knapp, eine einzige Stimme rettete Johnson. Der nun seine reguläre Zeit im Weißen Haus abdienen konnte, aber von seiner eigenen Partei nicht mehr für eine zweite Periode nominiert wurde.