Die Schweiz ist ein Land wie jedes andere geworden (Video)
Von Stephan Andrejs
Normalerweise lassen sich die Schweizer ungern mit Österreich vergleichen, doch der Lockdown und die Impfpflicht hier, sowie steigende Infektionszahlen und eine drohende Überlastung der Spitäler auch dort,
lassen die renommierte Neue Zürcher Zeitung Alarm schlagen. Unterdessen gehen die Maßnahmengegner lautstark, mit Kuhglocken, auf die Straße.
Erst Notrecht, dann Covid-Gesetz
Bürgerentscheide stehen in der Schweiz sonst auf der Tagesordnung, und die Menschen waren immer Stolz auf ihre konsensorientierte direkte Demokratie. Corona hat das kleine, neutrale Land im Mark erschüttert. Zu Beginn hat der Bundesrat sogar erstmals seit dem zweiten Weltkrieg ohne die Kantone und seine Bürger per Notrecht regiert. Im März ist dann ein Covid-Gesetz in Kraft getreten, dass die spärlichen Wirtschaftshilfen, aber auch das Schweizer Covid-Zertifikat regelt. Schon einmal sind die Gegner, angeführt von Bürgerinitiativen wie den "Freunden der Verfassung", dagegen vorgegangen. Ohne Erfolg, 60% haben für das Gesetz gestimmt.
Das Bild der ruhigen Schweiz ist ein bisschen veraltet
So etwas wie einen Lockdown hat es nur einmal im April 2020 gegeben. Seit 13. September 2021 gilt im Inneren der meisten Freizeiteinrichtungen wie Lokalen, Sportstätten und dem Kulturbereich die 3-G-Regel, als Nachweis dient das Zertifikat. Im Bundesrat gibt es breiten Konsens zu den Maßnahmen, allerdings stemmen sich die Rechtspopulisten gegen das Gesetz. Es würde eine schleichende Impfpflicht bedeuten. Die nationalkonservative EDU hat sich von Anfang an für ein "Nein" ausgesprochen, die SVP als größte Partei zuletzt aber noch für eine Stimmfreigabe. Nun hat sich die ebenfalls nationalkonservative, aber auch wirtschaftsliberale der "Nein-Parole" angeschlossen. Und damit die Gräben in der Gesellschaft noch vertieft. Zuletzt hat es gegen Politiker, die für die Maßnahmen und das Impfen auftreten, sogar Morddrohungen gegeben. "Das Bild einer Schweiz als ruhiges Land, in dem die Menschenverantwortlich und respektvoll miteinander umgehen, ist jetzt ein bisschen veraltet." sagt der Politikwissenschaftler Pascal Sciarini von der Uni Genf.
Der tiefe schweizerische Graben
Etwa 65% der Schweizer sind bisher geimpft, und in jüngsten Umfragen zeigt sich auch:
Rund zwei Drittel befürworten sogar eine Impfpflicht.
Ebenso radikal wehren sich andere gegen alle Maßnahmen, auch wenn dadurch womöglich auch die mageren Wirtschaftshilfen gestoppt würden.
"Die Schweiz ist ein Land wie jedes andere geworden" konstatiert Sciarini.