Politik/Ausland

Fauci warnt US-Bürger "Stecken knietief in der ersten Welle"

Anthony Fauci, oberster US-Virologe, musste am Montag erneut eine Warnung aussprechen. "Wir stecken bis zu den Knien in der ersten Welle", sagte Fauci. Die Zahlen sind eindeutig: Bald drei Millionen Infizierte, mehr als 130.000 Tote und Rekordzuwächse bei den Neuinfektionen in den Bundesstaaten Texas und Idaho.

Mehrmals wurden in den vergangenen Wochen 50.000 pro Tag registriert. Fauci sprach in einem Videochat mit Francis Collins, dem Chef des Nationalen Instituts für Gesundheit, von einer "ernsten Situation, gegen die wir sofort vorgehen müssen". Er fordert härtere Maßnahmen - ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Präsident Donald Trump. Die gegenwärtige Lage sei "wirklich nicht gut" und erfordere "sofortiges" Handeln.

"Ungezügelte Ausbreitung"

Wenn an anderen Orten der Welt schon Vorkehrungen auf eine "zweite Welle" getroffen oder diese diskutiert wird - auch hierzulande - schwappt über die USA weiterhin eine erste Welle mit besonderer Intensität hinweg. In Texas etwa gab es am Montag 8.800 Neuinfizierte - Rekord. "Vermeiden Sie Menschenmengen", ruft Fauci US-Bürger auf. "Wenn Sie sich dennoch sozialisieren wollen, machen sie das nur als Paar oder nur mit einem zweiten anderen Pärchen - und bitte draußen. Diese Schritte sind fundamental und jeder kann sie jetzt umsetzen."

In den ersten fünf Juli-Tagen wurden in den USA die drei höchsten täglichen Fallzahlen eingemeldet. 14 Staaten meldeten zumindest einmal einen Tagesrekord. Alles in allem wurden landesweit mehr als 250.000 neue Corona-Fälle bekanntgegeben. "Die Situation ist so, dass wir eine ungezügelte Ausbreitung des Virus in unserer Gemeinschaft erleben", sagte Fauci.

Fauci betonte, die klinischen Studien für die Erprobung möglicher Impfstoffe machten gute Fortschritte. Er hatte zuvor erklärt, es könne vielleicht schon Anfang nächsten Jahres eine Impfung geben. Fauci ist der Direktor des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten und ein Mitglied der Corona-Arbeitsgruppe des Weißen Hauses. Vergangene Woche hatte er bei einer Anhörung im Kongress gewarnt, ohne entschlossenes Gegensteuern könne die Zahl der Neuinfektionen pro Tag in den USA bald auf bis zu 100.000 steigen.

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Test-Strategie unter schwerer Kritik

Derweil mangelt es auch jetzt noch in diversen US-Städten an der notwendigen Ausrüstung. Krankenhäuser in New Orleans mussten Personen ablehnen, die sich auf das Coronavirus testen lassen wollten. Grund: Es standen schlicht und einfach nicht mehr genügend Tests zur Verfügung. In Phoenix warteten Personen ganze achte Stunden in ihren Autos, um zum Driv-In-Test zu gelangen. In San Antonio mussten Test-Limits eingeführt werden. Kurz und knapp: Die Nachfrage ist zu groß.

"Das ist beunruhigend und zeugt eindeutig von einem Versagen des System", sagte Morgan Katz, Experte für infektiöse Krankheiten an der renommierten Johns Hopkins Universität.

Trump sieht die infrastrukturellen Mängel eher gelassen. "Unser großartiges Test-Prgramm ist weiterhin weltweit führend, mit Abstand", tönte er am Montag auf Twitter. Vizepräsident MIke Pence sagte noch vergangene Woche, dass das Land seine Testkapazitäten erhöht habe, so dass man "jeden testen kann, der getestet werden will". Die Berichte aus der täglichen Praxis spiegeln diesen Befunde nicht wider.

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