Politik/Ausland

Republik Moldau: Ein Land hat die korrupte Elite satt

Andrei Nastase hat in seinem Wahlkampf alles auf eine Karte gesetzt. Gegen die regierende PDM, gegen Korruption und für die Demokratie hatte der Anwalt und Aktivist gekämpft, als er für ein Bündnis von Protestparteien zur Bürgermeisterwahl in Chisinau angetreten war.

Die Wahl im Juni hat Nastase knapp gewonnen. Bürgermeister ist er trotzdem nicht. Der Grund: Ein Gericht ließ die Wahl des Pro-Europäers wenige Wochen später annullieren. Die Regierung, die entscheidenden Einfluss auf die Justiz hat, setzte keine Neuwahlen an, sondern ernannte einen Interimsbürgermeister.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt rutschte die Republik Moldau am Ostrand der EU, zwischen Rumänien und der Ukraine, in eine schwere politische Krise. Proteste im ganzen Land richteten sich gegen die Annullierung der Wahlen und die politische Einflussnahme der regierenden PDM auf Justiz, Parlament und Medien.

Massenproteste

Für Sonntag ruft die „Widerstandsbewegung ACUM“, die aus den Oppositionsparteien PAS und PDA (von Nicht-Bürgermeister Nastase) und der PLDM besteht, zu einer Massendemonstration auf dem Nationalversammlungsplatz in Chisinau auf. Bis zu 100.000 Teilnehmer werden erwartet, sie werden ermutigt, über Nacht zu bleiben.

Zuletzt hatten 2015 so viele nach einer Offshore-Betrugsaffäre gegen die Regierung demonstriert. Auch weniger wären schon ein Achtungserfolg in dem armen 3,5 Millionen Einwohner-Staat, der eigentlich genug andere Probleme hat. Neben der ungeklärten Transnistrien-Frage kämpft das Land mit der Abwanderung von jungen gebildeten Menschen und der daraus resultierenden Überalterung sowie mit großer Armut.

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Maia Sandu von der Mitte-rechts-Partei PAS war bis 2015 Bildungsministerin und dann Präsidentschaftskandidatin. Dem KURIER erzählt sie, wie die Regierung versucht, die Protestbewegung zu schwächen: Zum Einen habe man kurzerhand den Montag und den Dienstag zu Feiertagen erklärt, damit möglichst viele Menschen auf Urlaub fahren, statt zu protestieren. „Sie schicken gewaltbereite Gegendemonstranten zu unseren Demos und versuchen, die führenden Aktivisten einzuschüchtern. Außerdem versuchen die regierungsnahen Medien, die Demonstranten als Verfassungsfeinde darzustellen“, sagt die Politikerin.

Ein „erstaunlicher Vorwurf“ sei jener, dass die Opposition von russischen Spionen durchsetzt sei. Wo doch gerade die als pro-europäisch deklarierte Regierung russlandfreundliche Politik betreibe. „Die Regierung will Moldau in einer Grauzone zwischen der EU und Russland halten“, vermutet Sandu. „Das ist auch das, was Putin will!“

Das Europäische Parlament hat im Juli in einer Resolution seine Solidarität mit den Demonstranten betont. „In unserem Land gibt es keine Institution, die unsere Rechte verteidigt“, sagt Sandu. „Die EU ist unser einziger Partner, sie darf uns nicht aufgeben!“

Karoline Krause-Sandner