Corona-Pandemie: Wie Kanada gegen Impf-Verweigerer vorgeht
Die ersten 80 Prozent der Impfungen waren noch vergleichsweise einfach, sagt Christian Dubé. "Der schwierige Teil ist wirklich, die letzten 20 Prozent zu bekommen." Dubé ist der Gesundheitsminister in Quebec, einer der kanadischen Vorzeigeprovinzen im Kampf gegen Covid-19. Kanada müsse nach seiner bisher erfolgreichen Impfkampagne nun kreativ werden, erklärt er. Tatsächlich greift die Regierung in Ottawanun zu Maßnahmen, die anderswo bisher unmöglich scheinen.
Reisen nur mit Impfung
Kanada will die Pandemie mit allen Mitteln hinter sich zu bringen. Konkret heißt das: Wer in Kanada künftig reisen will, hat ohne Immunisierung bald meist ein Problem. "Sie müssen bis Ende November vollständig geimpft sein, wenn sie zwölf Jahre oder älter sind und fliegen oder den Zug nehmen möchten", sagte Premierminister Justin Trudeau und ordnete Richtlinien gegen Impfverweigerer an, die zu den strengsten der Welt gehören. "Dies ist keine Zeit für halbe Sachen."
Beeindruckende Impfquote
Tatsächlich ist Kanada weltweit in der Spitzengruppe, was seine Impfquote angeht - hinter vergleichsweise winzigen Staaten wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, Portugal, Malta, Singapur oder Katar. Im zweitgrößten Land der Erde - mit einer Fläche rund 118 Mal so groß wie Österreich - haben mittlerweile knapp drei von vier Menschen einen vollständigen Schutz. Bei Personen über zwölf sind es sogar 85 Prozent. Deutlich mehr als in der Bundesrepublik.
Und Ottawa geht noch weiter, um die Quoten nach oben zu schrauben: Künftig müssen Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes, darunter auch Polizisten, sowie Beschäftigte im Verkehrssektor ein Vakzin erhalten haben. Zumindest Beamte werden ansonsten ab Mitte November vom Dienst entbunden und nicht mehr bezahlt. Ein Impfnachweis in Bars und Restaurants ist ohnehin in den meisten Regionen des Landes bereits Pflicht.
Mehrheit für verpflichtende Impfungen
Kanadas liberale Regierung greift angesichts der sich weiterhin verbreitenden Delta-Variante dort durch, wo andere Länder noch hadern. Das hängt auch damit zusammen, dass Trudeau - dessen Minderheitsregierung zuletzt mit einem mittelmäßigen Ergebnis bei Neuwahlen bestätigt wurde - beim Thema Impfungen auf einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung setzen kann. Eine Umfrage aus dem August zeigte, dass eine große Mehrheit der Kanadier verpflichtende Impfungen voll oder teilweise unterstützt.
Während im Nachbarland USA mit durchwachsenem Erfolg versucht wird, die maue Quote hochzutreiben, stehen die Kanadier im Kongresszentrum der Millionenstadt Montreal Schlange - auch an einem Montagmorgen. Die meisten Besucherinnen und Besucher hier sind zwischen 20 und 30 Jahre alt und bekommen heute ihre zweite Dosis.
"Hier kommen auch viele Studenten aus dem Ausland hin. Wir geben Impfstoffe an alle, nicht nur Kanadier", erzählt der örtliche Manager. Noch im September wurden hier 500 Menschen pro Tag geimpft. Nicht mehr so viele, wie es mal waren, aber noch immer ist der Andrang deutlich größer als an vielen Stationen jenseits der Grenze.
Gesundheitsminister Christian Dubé glaubt, dass ein besonderes Gemeinschaftsgefühl im diversen Kanada und in der Provinz Quebec zu dem Erfolg beiträgt. "Wir haben seit Jahrhunderten enorme Schwierigkeiten durchgemacht, angesichts unseres Schnees und vieler anderer Dinge. Im schweren Zeiten halten Quebecer zusammen."