Afghanische Botschafterin: "Kämpfen an vorderster Front gegen den Terrorismus"
Von Armin Arbeiter
Neue Hoffnung für Masar-e Scharif: Frische Elitesoldaten verstärkten am Mittwoch die Verteidigung, auch Marschall Raschid Dostum, berüchtigter Warlord und einflussreicher Mann, ist in die 470.000-Einwohner-Stadt gereist, um zu ihrer Verteidigung aufzurufen. Es ist höchste Zeit – die Taliban drohen Masar-e Scharif langsam aber sicher einzuschließen. So wie sie es schon bei Städten wie Kundus gemacht haben.
Die Kämpfer sind mitnichten alle Afghanen: Vor allem Pakistan schickt immer wieder neue Kämpfer ins Land – laut afghanischer Regierung kürzlich 15.000. Doch auch aus Ländern wie Usbekistan aber auch dem Irak und Syrien sickern Kämpfer ein, die sich verschiedenen Terrorgruppen anschließen.
„Wir kämpfen hier an vorderster Front gegen den internationalen Terrorismus“, sagt die afghanische Botschafterin in Wien, Manizha Bakhtari, im KURIER-Gespräch.
„Die Taliban haben direkte Verbindungen zu anderen Terrororganisationen, sind unter anderem für 90 Prozent des weltweiten Heroinhandels verantwortlich und verachten jegliche moderne, aufgeklärte, demokratische Ordnung. Sie verüben Verbrechen gegen die Menschlichkeit – für mich sind das Terroristen“, sagt die ehemalige Journalistin.
Das brutale Vorgehen der Taliban nahm Bakhtari vergangene Woche zum Anlass, die EU zu ersuchen, den dreimonatigen Abschiebestopp, den die Regierung in Kabul im Juli erbeten hatte, nicht nur umzusetzen, sondern auf vorerst unbestimmte Zeit zu verlängern. Daraufhin wurde Bakhtari ins Außenministerium zitiert – „wir hatten ein konstruktives Gespräch“, sagt sie.
Österreich bleibt dabei, die Abschiebungen weiterhin durchzuführen. Indes beschlossen sowohl Deutschland als auch die Niederlande, die Abschiebungen nach Afghanistan auszusetzen. Damit bleiben neben Österreich noch Dänemark, Belgien und Griechenland übrig, die die EU zu einer Fortsetzung der Abschiebungen drängen. Derzeit gibt es nur die Möglichkeit, im Rahmen des Abkommens zwischen der EU und der Regierung in Kabul abzuschieben – angeblich ist in diesem Rahmen ein Flug für September geplant.
„Humanitäre Hilfe“
Laut Geheimdiensten könnte Kabul zu diesem Zeitpunkt schon gefallen sein – eine Annahme, der Bakhtari widerspricht: „Solche Einschätzungen von außen demoralisieren die Bevölkerung, während unsere Soldaten für sie kämpfen.“
Von der internationalen Gemeinschaft erhofft sie sich vor allem humanitäre Hilfe: „Millionen von Menschen fehlt das Nötigste.“