VW Arteon im Test: Mehr Schein als Sein
Von Marc Lang
Seine Ambition bringt der Arteon dank des unter reichlicher Verwendung von Chrom autoritär gestalteten Bugs und der betont ausgestellten Radläufe schon auf den ersten Blick unmissverständlich zum Ausdruck: Hier kommt kein typischer VW, sondern eindeutig das Topmodell.
Weder Vernunft noch Praxisnutzen, sondern Eleganz und Extravaganz mögen die ausschlaggebenden Faktoren für die Anschaffung des viertürigen Coupés sein.
Die vermeintlichen Einschnitte in Bezug auf das Raumangebot wegen der sanft abfallenden Dachlinie erweisen sich in der Praxis ob der schieren Größe des Arteon schon beim ersten Platznehmen als Fehlannahme: Platz herrscht dank des langen Radstandes in beiden Reihen in Hülle und Fülle, allein wirklich großgewachsene Passagiere kommen dem Dach hinten mit dem Kopf nahe. Das Ladevolumen unter der weit öffnenden Heckklappe würde sogar so manchem Kombi zur Ehre gereichen. Doch darum geht es bei einem Coupé eigentlich gar nicht. Vielmehr sollten Ambiente und Fahreigenschaften diese Bauform von den bürgerlichen Schwestermodellen unterscheiden.
Nüchternes Ambiente
Dies gelingt dem Arteon nur bedingt, denn abgesehen vom großen Touchscreen gleicht das hervorragend verarbeitete Armaturenbrett weitestgehend dem des Passat. Dort mag die betont nüchterne Gestaltung noch in Ordnung gehen, im Arteon wirkt das sachliche Ambiente allerdings ein wenig bieder.
Dazu kommt die ebenfalls übernommene, hohe Sitzposition in der ersten Reihe, die den Fahrer Coupé-untypisch hoch thronen lässt und nur wenig ins Fahrgeschehen einbindet.
So nimmt man die geringen Wankbewegungen in Kurven deutlich stärker wahr als in vergleichbaren Modellen und steigt beim ersten Untersteuern eher vom Gas als es das an sich gelungen abgestimmte Fahrwerk des Wolfsburgers verlangen würde.
Obwohl er für sich betrachtet ein sehr agiles Fahrzeug ist, gibt sich der Arteon damit vergleichsweise wenig fahraktiv.
Dies ist zum Teil natürlich auch der Basismotorisierung des Testwagens geschuldet, dessen 150 PS das Fahrwerk kaum einmal in Verlegenheit zu bringen imstande sind. Für sich betrachtet ist das Zweiliter-Dieselaggregat ein guter Motor, das Gefühl großzügiger Leistungsreserven, wie es einem so stattlichen Coupé doch angemessen wäre, vermag es aber nicht zu erzeugen.
Kritik muss sich der Arteon sowohl am DSG-Getriebe, das sich beim Wechsel zwischen Vor-und Rückwärtsgang mehr als nur einmal verhaspeltet hat, wie auch am mangelhaften Federungskomfort beim Überfahren von Trennfugen auf der Autobahn oder schlecht eingepassten Kanaldeckeln gefallen lassen.
Lob hingegen verdient die überdurchschnittlich gute Verarbeitungsqualität und die Funktion der zahlreich verbauten Assistenzsysteme.
Optisch hat sich das neue Topmodell von VW zweifelsfrei vom Passat abgenabelt, in Summe seiner Eigenschaften aber vermag sich der Arteon kaum von ihm zu distanzieren.
Technische Daten
Antrieb: Vierzylinder-Reihendieselmotor, Quereinbau, Turboaufladung mit Ladeluftkühlung, ; Kraftübertragung: Frontantrieb, 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebegetriebe, Spitze 222 km/h, 0-100 km/h in 9,4 Sekunden, EURO 6
Hubraum: 1968 cm³
PS/kW: 150 PS/110 kW
maximales Drehmoment:340 Nm bei 1750 U/min
Fahrwerk: Selbst tragende Karosserie, Einzelradaufhängung, McPherson-Vorderachse, Mehrlenkerhinterachse; innenbelüftete Scheibenbremsen vorne, Scheibenbremsen hinten, ABS mit elektronischer Bremskraftverteilung, ESP, Berganfahrassistent Automatische Distanzregelung ACC inkl. Umfeldbeobachtungsassistent Front Assist; City-Notbremsfunktion mit Fußgängererkennung
Maße (L x B x H): 4862 x 1871 x 1450 mm
Wendekreis: 11,9 m Radstand: 2837 mm Kofferraum: 563-1557 l
Zuladung: 526 kg Gesamtgewicht: 2160 kg ankinhalt: 66 l
Normverbrauch: 4,2 l/100km 110 g/km CO²
Testverbrauch: 6,2 l/ 100km
Preis:45.840 €
Preis Testwagen: 53.425 €
Motorbezogene Versicherungssteuer:658,44 €