Meinung/Mein Tag

So fremd und doch so nah

Als nicht autochthone Österreicherin kann ich mich genau daran erinnern, wann ich den ersten Fremden kennengelernt habe. Er kam in der 3. Schulstufe in meine Klasse und war sehr schüchtern. Kein Wunder, war er doch mit seinen Eltern von seiner vertrauten Heimat weg in die große Stadt nach Wien gezogen. Rundherum fremde Menschen in einer fremden Umgebung, die eine fremde Sprache sprechen.

Trotzdem wurden Peter und ich schnell Freunde.

Wenn er mir zurief „Gehma ummi!“ oder „Kummst auffi?“ musste ich anfangs oft nachfragen. Nach einigem Hin und Her in Kombination mit wilden Gestikulationen mussten wir lauthals darüber lachen, wie unterschiedlich die vermeintlich selbe Sprache doch sein konnte. Unsere Kommunikationsprobleme waren bald überwunden und irgendwann wussten wir beide, dass seine Strankala bei uns in Wien Fisolen heißen.

Nachmittags holte mich Peter oft mit einem Schlecker für ihn und einem für mich ab. Dabei war es genauso normal für ihn, dass ich mit meiner Mutter Farsi sprach, wie es für mich selbstverständlich war, dass er mit seiner Mutter kärntnerisch sprach. Es hätte in beide Richtungen genauso Spanisch sein können. Dann zogen wir los in Richtung Spielplatz. Hier zählte nur, wer am besten Klettern oder am schnellsten Laufen konnte – nicht, welche Sprache daheim gesprochen wurde.

Peter und ich blieben die restliche Volksschulzeit über enge Freunde. Später trennten sich unsere Wege und irgendwann reichte es nur noch für ein Nicken auf der Straße, wenn wir einander zufällig begegneten. Der Fremde war aus meinem Leben verschwunden, aber Kärnten mag ich immer noch.

laila.docekal@kurier.at

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