Meinung/Mein Tag

Schandfleck auf dem weißen Kittel

So wie ein Posting auf Facebook, das meine Aufmerksamkeit kurz auf sich gezogen hat, weil es emotional geschrieben war. Eine Frau war bei einer Visite von ihrem Arzt äußerst grob behandelt worden. Nicht nur das – als er bemerkte, wie fassungslos sie war, lachte er sie auch noch aus und schoss sexistische Kommentare hinterher. Eine gar nicht so unübliche Reaktion, wie sich an Erlebnissen zeigte, von denen andere daraufhin berichteten.

Erschüttert und betroffen wandte ich mich wieder anderem zu. Doch die Berichte ließen mich nicht los, bis mir selbst Erinnerungen hochkamen, in denen ich mich Ärzten gegenüber ausgeliefert oder sexistisch behandelt gefühlt habe.

Wie etwa bei dem Orthopäden, der mir beim Einrenken meines Rückens an die Brust fasste und meinen entsetzten Blick so kommentierte: „Bei euch Frauen weiß man eben nie, wo man hingreifen soll.“

Schlimm genug, dass ein solcher Umgangston vor 20 und mehr Jahren noch Usus war und toleriert wurde. Doch dass es im Jahr 2022 noch immer Ärzte gibt, die so ein Verhalten als normal empfinden, Patientinnen erniedrigen, sich über sie lustig machen und geschmacklose Götter in Weiß spielen, ist ein besonders ekelhafter Schandfleck auf dem weißen Kittel des sonst so ehrenhaften und rühmlichen Berufsstandes.

Viele der Betroffenen hatten die Erfahrung gemacht, dass bei Beschwerden Aussage gegen Aussage stand und nichts passierte. Es ist dringend an der Zeit, dass die Ärzteschaft sich deutlicher und vor allem proaktiv gegen ein solches Verhalten positioniert. Nicht erst, wenn der eine oder andere Fall ans Licht kommt.

An dieser Stelle in Hoch auf alle Ärzte und Ärztinnen, die bei der Behandlung ihrer Patienten den Menschen sehen und auch so mit ihnen umgehen.

laila.docekal@kurier.at

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